notifications
USA

Drei Fälle von Waffengewalt, die fassungslos machen: Alltägliche Irrtümer können in Amerika tödliche Folgen haben

Die falsche Adresse, die falsche Zufahrtsstrasse, das falsche Auto: Drei absonderliche Schiessereien in den letzten Tagen kurbeln in den USA die Debatte über Waffengewalt an.

Er wollte bloss seine beiden jüngeren Brüder abholen: Weil Ralph Yarl aber vorigen Donnerstag sich in Kansas City (Missouri) in der Adresse irrte, liegt der 16-jährige Junge nun im Spital.
Bild: Bild: AP

Eine Reihe geradezu absurder Schiessereien erschüttern die USA, einem Land notabene, in dem Waffengewalt zum Alltag gehört. Diese Fälle aber, die sich zufällig im gleichen Zeitraum ereigneten, haben das Potenzial, die Amerikanerinnen und Amerikaner aufzurütteln – auch weil es sich bei den Opfern um unbescholtene junge Menschen handelt.

Der 16 Jahre alte Teenager, der an der falschen Haustür klingelte

Die Adresse in Kansas City (Missouri) lautete: 1100 NE 115th Terrace. In diesem Haus hätte der 16 Jahre alte Ralph Yarl am Donnerstagabend letzte Woche seine beiden jüngeren Bruder abholen sollen. Der Schüler aber las die Adresse nicht richtig, bog mit seinem Auto in die NE 115th Street ein, eine Parallelstrasse, und klingelte dort kurz vor 22 Uhr an der falschen Haustür. Der Eigentümer des Einfamilienhauses, ein 84 Jahre alter Mann, war bewaffnet. Als er nach längerem Zögern die Türe öffnete, schoss er ohne Vorwarnung auf Yarl. Der Teenager wurde am Kopf und am rechten Arm getroffen, bevor er sich aufraffen konnte und davonrannte.

Die Begründung des alleinstehenden Mannes für seine Schüsse: Er sei der Meinung gewesen, der junge Afroamerikaner wolle in sein Haus einbrechen. (Im Bundesstaat Missouri ist es legal, sich mit tödlicher Waffengewalt gegen einen rechtswidrigen Angriff zu wehren.) Yarl wiederum sagt, er habe bloss geläutet und sich nicht auf den alten, weissen Mann zubewegt.

Der Junge befindet sich in Spitalpflege, scheint aber glücklicherweise auf dem Weg zur Besserung zu sein. Der Schütze wurde am Montag formal angeklagt. Ein hochrangiger Politiker aus Kansas City zeigte sich über den Vorfall entsetzt: «Ich bin ziemlich erschrocken darüber, wie leicht wir bereit sind, aufeinander zu schiessen», sagte der Abgeordnete Emanuel Cleaver.

Die zwanzigjährige Frau, die in die falsche Zufahrt fuhr

Sie waren gemeinsam unterwegs, an einem warmen Samstagabend, kurz vor 22 Uhr: Eine Gruppe von jungen Menschen, auf dem Weg zu Freunden in einem ländlichen Teil von New York. In der Nähe des Dorfes West Hebron machte die Gruppe, unterwegs in zwei Autos und einem Motorrad, einen fatalen Fehler, ignorierte die «No Trespassing»-Schilder und fuhr auf ein privates Grundstück.

Der Besitzer des Hauses fackelte wohl nicht lange, als er die motorisierten Besucher auf der langen Zufahrtsstrasse zu seinem Haus bemerkte. Er schoss mindestens zweimal. Ein Schuss traf die zwanzig Jahre alte Kaylin Gillis, die sich auf dem Beifahrersitz eines der Autos befand, und tötete die junge Frau. Angeblich hatte die Gruppe zu diesem Zeitpunkt bereits realisiert, dass sie sich auf dem falschen Grundstück befand.

Der mutmassliche Täter, ein 65 Jahre alter Mann (der wie alle involvierten Personen weisser Hautfarbe ist), fühlte sich von den ungeladenen Gästen bedroht. Der Auto-Konvoi habe sich mit hoher Geschwindigkeit auf sein abgelegenes Haus zubewegt, und dabei am späten Abend viel Lärm gemacht, sagte sein Anwalt in einer ersten Stellungnahme. Über seinen Anwalt liess der Hausbesitzer auch ausrichten, dass der Vorfall ihm schrecklich leidtue. Er sei kein Bösewicht, und in dieser Tragödie gebe es nur Opfer. Er wurde bereits angeklagt, wegen Mordes mit bedingtem Vorsatz.

Die Cheerleaderin, die ins falsche Auto stieg

Der Parkplatz des Supermarktes H-E-B in Elgin, einer texanischen Kleinstadt in der Nähe von Austin, ist riesig – so wie das in Amerika häufig der Fall ist. Das wurde einer Gruppe von vier jungen Mädchen in der Nacht auf Dienstag zum Verhängnis. Kurz nach Mitternacht, die vier Cheerleaderinnen machten sich nach einem Training im Fitnessstudio auf den Nachhauseweg, stieg eine der jungen Frauen in eines der parkierten Autos ein.

Sie sei der Meinung gewesen, dass es sich dabei um ihr eigenes Fahrzeug gehandelt habe, sagte Heather Roth in einer Stellungnahme auf Instagram. Als sie einen Mann auf dem Passagiersitz gesehen habe, bemerkte sie ihr Versehen und nahm Reissaus. Roth sprang zurück ins Auto ihrer Freundinnen. Sie habe noch versucht, sich beim unbekannten Mann zu entschuldigen. Dieser aber, ein 25 Jahre alter Mann, zückte seine Waffe und begann, auf das Auto mit den Cheerleaderinnen zu schiessen.

Zwei der jungen Frauen wurden angeschossen; die Verletzungen einer Cheerleaderin sind derart schwer, dass sie noch auf einer Intensivstation gepflegt werden muss. Der Täter flüchtete und feuerte wohl noch weitere Schüsse ab. Er wurde von der Polizei in seiner Residenz festgenommen.