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OECD-Reform

Die SP im Dilemma: Soll sie eine Steuererhöhung für Grosskonzerne tatsächlich bekämpfen?

Ja, Nein oder Stimmfreigabe? Die SP ringt um ihre Position zur Umsetzung der OECD-Mindeststeuer. Nun hat sie einen ersten Entscheid gefällt. 

Die Mindeststeuer führt bei der SP zu Diskussionen: Im Bild die Co-Präsidentin Mattea Meyer (links), Nationalrätin Samira Marti, Co-Präsident Cédric Wermuth (sitzend) und Vizepräsident Jon Pult. 
Bild: Christian Beutler / Keystone

Es sei ein «historischer Fortschritt», sagte SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer: Die Grosskonzerne müssen wegen der OECD-Reform ab 2024 mehr Steuern bezahlen. Damit wird ein langjähriges Anliegen der SP erfüllt. Dennoch ist die Partei alles andere als zufrieden: Aus ihrer Sicht ist die Umsetzung der Reform in der Schweiz total missglückt.

Die zusätzlichen Einnahmen - es geht um geschätzte 1 bis 2,5 Milliarden Franken - werden aus ihrer Sicht falsch verteilt und eingesetzt, sodass der Steuerwettbewerb in der Schweiz angeheizt werde. Die Umsetzung sei «grottenschlecht», sagte SP-Vizepräsident Jon Pult.

SP-Vizepräsident Jon Pult.
Bild: Alessandro Della Valle / Keystone

Die SP steckt also im Dilemma. Die Umsetzung der OECD-Mindeststeuerreform kommt im Juni an die Urne, die Partei muss daher Position beziehen. Der Parteirat, der die Basis der SP repräsentiert, diskutierte am Freitag an einer Online-Sitzung darüber, welche Parole er dem Parteitag empfehlen wird. Die Meinungen waren kontrovers - es gab Voten für alle drei Optionen: Ja, Nein oder Stimmfreigabe.

«Doping fürs Steuerdumping»

Für ein Nein plädierte unter anderen David Roth, früher Juso-Präsident und heute SP-Vizepräsident. Wenn es zusätzliche Einnahmen gebe, müssten diese der Bevölkerung zugutekommen, argumentierte er. Die jetzige Umsetzung sei «Doping für das Steuerdumping». Auch im Parlament hatte die SP am Schluss grossmehrheitlich Nein gestimmt.

Doch soll die Partei tatsächlich in einem Abstimmungskampf gegen eine Vorlage antreten, bei der es um eine Steuererhöhung für Grosskonzerne geht? Zwar kommt die OECD-Mindeststeuer aufgrund der Ausgestaltung sowieso. Doch ob sich das in einem Abstimmungskampf vermitteln lässt, steht auf einem anderen Blatt. Die Gegner würden ein Nein «mit Genuss» gegen die SP wenden, merkte ein Vertreter der Solothurner Kantonalpartei an.

Nationalrätin Samira Marti.
Bild: Alessandro Della Valle / Keystone

Eine Reihe von prominenten SP-Mitgliedern machte sich für eine Stimmfreigabe stark, darunter die Nationalrätinnen Jacqueline Badran und Samira Marti sowie Nationalrat Jon Pult. Es sei die ehrlichste Position, argumentierte Pult. «Sowohl eine Ja- wie auch eine Nein-Parole würde uns auseinanderdividieren», sagte Marti.

Neben inhaltlichen Gründen warnten die Befürworter der Stimmfreigabe auch vor einer Niederlage: Bei einer Nein-Parole laufe man Gefahr, die Abstimmung zu verlieren - und das kurz vor den Wahlen im für die Partei wichtigen Steuerdossier.

Nach längerer Diskussion stimmte der Parteirat schliesslich für Stimmfreigabe. Definitiv ist die Position noch nicht - es ist nur eine Empfehlung an den Parteitag. Dieser entscheidet am 25. Februar über die Parole.

Darum geht es

Die Schweiz muss wegen der OECD eine Mindeststeuer von 15 Prozent für Grosskonzerne mit einem Umsatz ab 750 Millionen Euro einführen. Das Parlament hat entschieden, dass die zusätzlichen Einnahmen zu einem Viertel an den Bund und zu drei Vierteln an die Kantone gehen sollen. Mit den meisten Mehreinnahmen können Zug und Basel-Stadt rechnen. Die SP kämpfte im Parlament vergebens dafür, dass die Zusatzeinnahmen für diese beiden Kantone beschränkt wird: Sie wollten den Betrag deckeln. Zudem setzte sie sich - ebenfalls ohne Erfolg - dafür ein, dass die Mehreinnahmen je zur Hälfte an den Bund und die Kantone gehen.