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Schweiz

Die Luzerner CVP Frau Julia Hänni kämpft bei den Bundesrichterwahlen gegen die SVP

Die SVP präsentiert heute bei Bundesrichterwahlen einen guten Mann. Doch dieser könnte an einer guten CVP-Frau scheitern: Julia Hänni aus Luzern.
Die Luzerner CVP-Frau Julia Hänni will Bundesrichterin werden. (Bild: Dominik Wunderli, Luzern, 4. Dezember 2017)

Henry Habegger

Der Anspruch der SVP ist unbestritten. Und mit dem Berner Verwaltungsrichter Thomas Müller (54) verfügt sie über einen anerkannten, moderaten Kandidaten, der einen bisherigen SVP-Richter ersetzen soll. Trotzdem kommt es heute im Bundesparlament bei den Bundesrichterwahlen zu einem Seilziehen. Denn die für die Vorbereitung der Wahlen zuständige Gerichtskommission (GK) schlägt knapp nicht den SVP-Mann vor, sondern dank der Stimmen von Mitte-links eine CVP-Frau: Julia Hänni (41), Luzerner Assistenzprofessorin, einst Gerichtsschreiberin am Bundesgericht.

Im Hintergrund geht es um die politische Ausrichtung des Bundesgerichts. In der Ausschreibung wurde ein Richter für die zweite öffentlichrechtliche Kammer gesucht. Und das ist die Kammer, die in Sachen Ausschaffungs-Initiative Entscheide fällte, die der SVP nicht passten. Also mutmassten andere Parteien, die SVP wolle mit Thomas Müller diese Kammer unter Kontrolle bekommen.

SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) bestreitet dies: «In welcher Kammer Thomas Müller Richter würde, ist offen. Das Bundesgericht entscheidet selbst darüber, und da soll sich die Bundesversammlung nicht einmischen.» Es ist tatsächlich so: Die Wahl Müllers würde noch nicht bedeuten, dass er Richter in der Kammer wird, die im Visier der SVP ist.

Ein Affront nach dem Frauenstreik?

Aber es geht auch um die Sache der Frauen. Die Freiburger SP-Nationalrätin Ursula Schneider Schüttel sagt: «Gerade nach dem Frauenstreik fände ich es einen Affront, wenn wir die Frau nicht wählen würden. Thomas Müller kann sich bei nächster Gelegenheit wieder präsentieren, er ist ein guter Kandidat.» Die Rechtsanwältin, selbst Mitglied der Gerichtskommission, sagt: «Ich hatte von der CVP-Kandidatin Julia Hänni einen hervorragenden Eindruck, sie überzeugte mich klar am meisten.» Für sie sei klar: «Wenn wir eine gute qualifizierte Kandidatin haben, sollten wir sie wählen.» Der Frauenanteil am Bundesgericht ist tief, er liegt bei 40 Prozent.

Aeschi gibt zurück: «Das Frauenargument zieht hier nicht. Vier unserer neun verbleibenden Mitglieder am Bundesgericht sind Frauen, wir haben also einen sehr hohen Frauenanteil.» Was wiederum Schneider Schüttel nicht überzeugt: «Das ist kein Argument. Massgebend ist der Frauenanteil am ganzen Gericht.» Am letzten Freitag schrieb die Aargauer CVP-Nationalrätin Ruth Humbel auf Twitter: «Die erste öffentlich-rechtliche Abteilung des Bundesgerichtes besteht aus sechs Männern und keiner Frau. Die NZZ will, dass es so bleibt und schreibt gegen eine bestens qualifizierte und von der Gerichtskommission nominierte Frau. Am Tag des Frauenstreiks.»

Bis heute Morgen wird noch gefeilscht werden hinter den Kulissen. Namentlich die CVP versucht, die SVP zu vertrösten: Die solle Müller zurückziehen, dieser werde dann bei den nächsten Wahlen im September gewählt. Aeschi sagt: «Ich verstehe nicht, dass die SVP, welche nach dem Parteiproporz zweieinhalb Richterstellen untervertreten ist, nun für die CVP mit einer Untervertretung von nur einer halben Richterstelle Platz machen soll.» Seine Partei will heute früh ihre Strategie festlegen.