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Nationalratspräsident

«Cordiala gratulaziun»: Martin Candinas zum höchsten Schweizer gewählt

Im Nationalrat wird künftig mehr Rätoromanisch gesprochen. Die grosse Kammer hat am Montag den Bündner Mitte-Nationalrat Martin Candinas mit einem Glanzresultat zu ihrem Präsidenten gewählt. 

Als Ratspräsident vertritt Martin Candinas nun für ein Jahr den Nationalrat.
Bild: Keystone

Candinas erhielt am Montag zum Auftakt der Wintersession 181 von 188 gültigen Stimmen. Damit steht zum 6. Mal ein Ratsmitglied aus dem Kanton Graubünden an der Spitze des Nationalrates. Allerdings musste der Bergkanton lange darauf warten. Der letzte Bündner Nationalratspräsident war Martin Bundi im Jahr 1985/1986.

Damit dürften die Nationalrätinnen und Nationalräte wieder öfters die rätoromanische Sprache hören. Bereits in seinem Jahr als Vizepräsident hatte Candinas seine Ratskollegen regelmässig auf Rumantsch zur Abstimmung gerufen. Als einer von bloss drei Rätoromanisch sprechenden Politikern in Bern wird er das noch öfters tun. Er hat schon angekündigt, seinen Ratskollegen eine Broschüre mit den wichtigen parlamentarischen Begriffen in seiner Sprache zu verteilen.

Mit Stolz die Farben der Schweiz getragen

Candinas löst Irène Kälin (Grüne/AG) ab, welche die grosse Kammer souverän und mit viel Umsicht durch das Ukraine-Jahr geführt hatte. Zum ersten Vizepräsidenten rückt Eric Nussbaumer (SP/BL) auf. Zur zweiten Vizepräsidentin wurde Maja Riniker (FDP/AG) gewählt.

Irène Kälin sagte in ihrer Rede, die sie symbolisch auf Rumantsch eröffnete, es sei ihr eine Ehre gewesen, als Ratspräsidentin die Farben der Schweiz in die Welt zu tragen. Gerade der Ukraine-Krieg habe offenbart, wie fragil und zerbrechlich eine Demokratie sei. «Wir haben ein gemeinsames Ziel», betonte Kälin. Jeder wolle das Beste für die Schweiz.

In seiner Antrittsrede bedankte sich Candinas für das ausgesprochene Vertrauen. «Dieses ehrenvolle Aufgabe trete ich respektvoll an.» Er werde sich für die Interessen des Landes einsetzen. Denn es sei die Aufgabe der Politik, dass die Schweiz ein Erfolgsmodell bleibe. «Nur gemeinsam bringen wir unsere Schweiz weiter.»

Ein Senkrechtstarter aus den Bergen

Der 42-Jährige begann seine politische Karriere früh. Bereits im Alter von 26 Jahren sass er als jüngstes Mitglied im Bündner Kantonsparlament. Dort blieb er nicht lange. Nach fünf Jahren gelang ihm 2011 der Sprung in den Nationalrat. In der Bevölkerung ist der umgängliche Politiker beliebt. Bei den Wahlen 2015 und 2019 erzielte er kantonsweit das zweitbeste Ergebnis.

Auch in Bundesbern gelang es dem dreifachen Vater rasch, sich einen Namen zu machen als Wortführer der Bergkantone. So kämpfte er an vorderster Front gegen die Zweitwohnungsinitiative und setzte sich wiederholt dafür ein, die Regeln zum Abschuss von Wölfen zu lockern.

Auch in anderen Bereichen macht sich der Helsana-Mitarbeiter für periphere, schlecht erschlossene Gebiete im ländlichen Raum stark. So stiess er mit einer Motion an, dass es auch in Randgebieten schnelles Internet gibt . Ein grosses Anliegen ist Candinas auch die Stärkung des Service public. Das zeigte sich bei der No-Billag-Initiative, die er vehement (und erfolgreich) bekämpfte. Eher konservativ positioniert sich der Mitte-Politiker in der Gesellschaftspolitik. Er lehnte es ab, die Ehe auch für homosexuelle Paare zu öffnen.