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Schweiz

Bundesrat greift durch: Einzonungsstopp gilt ab Mai

Auch sechs Jahre nach dem Ja zum revidierten Raumplanungsgesetz harzt es in gewissen Kantonen noch mit der Umsetzung. Jetzt greift der Bundesrat durch.
Die Kantone dürfen laut Raumplanungsgesetz nur so viel Bauland einzonen, wie für die kommenden 15 Jahre gebraucht wird. (Bild: Christian Beutler/Keystone (Zürich, 12. Juli 2018))

Barbara Inglin

Für sieben Kantone gilt ab Mai ein Einzonungsstopp. Sie dürfen vorerst kein Bauland mehr ein­zonen. Der Hintergrund: Das Stimmvolk sagte im Jahr 2013 mit 62,9 Prozent Stimmen deutlich Ja zum revidierten Raumplanungsgesetz. Die Zersiedelung soll gestoppt werden, so das Ziel. Dafür dürfen die Gemeinden nur noch so viel Bauland einzonen, wie voraussichtlich in den nächsten 15 Jahren gebraucht wird. Überdimensionierte Bauzonen müssen verkleinert werden.

Bis Ende April dieses Jahres hatten die Kantone Zeit für die Umsetzung. Für sieben Kantone war das offensichtlich ein zu ­enger Zeitplan. Die säumigen Kantone lassen sich in drei Gruppen einteilen.

Verspätete Einführung der Mehrwertabgabe

Wird etwa Landwirtschaftsland zu Bauland umgezont, gewinnt es stark an Wert. Neu müssen die Kantone mindestens 20 Prozent dieses Mehrwertes abschöpfen. Mit der Abgabe können wiederum Personen entschädigt werden, deren Land aus der Bauzone rückgezont wird und an Wert verliert. Die Kantone Zürich und Zug sind nun mit der Einführung dieser Mehrwertabgabe in Verzug. In Zug hat das Kantonsparlament zwar einer entsprechenden Regelung zugestimmt. Da dagegen das Referendum ergriffen worden ist, kommt es am 19. Mai zu einer Volksabstimmung. Stimmt die Bevölkerung der Änderung zu, ist der Einzonungsstopp vom Tisch. Noch länger dauern wird die Umsetzung im Kanton Zürich. Dort ist das Geschäft erst in der parlamentarischen Beratung.

Anforderungen nicht erfüllt

Genf, Luzern und Schwyz haben zwar rechtzeitig eine Mehrwertabgabe eingeführt. Diese entspricht gemäss Einschätzung des Bundes aber nicht den Vorgaben. Die Kantone müssen nochmals über die Bücher. Genf und Luzern wollten die Mehrwertabgabe erst ab 100000 Franken erheben. Das Bundesgericht hat aber im Falle des Kantons Tessin dieselbe Freigrenze als nicht zulässig taxiert. Das Tessin hat die Freigrenze mittlerweile auf 30000 Franken gesenkt. Auch die Luzerner Regierung will die Limite nun nach unten korrigieren, auf 50000 Franken. Die Chancen stehen nicht schlecht, dass der Kanton damit durchkommt. Dieselbe Freigrenze wurde bei anderen Kantonen vom Bund bereits akzeptiert. Anders gelagert ist der Fall im Kanton Schwyz. Dieser wollte einen Pauschalabzug von 10000 Franken auf die Mehrwertabgabe einführen und den Abgabesatz gleichzeitig auf dem Minimum von 20 Prozent festlegen. Unter dem Strich bezahlen die Landbesitzer gemäss dem Bund damit weniger als die im Minimum vorgeschriebenen 20 Prozent.

Richtplan zu spät eingereicht

Die Richtpläne der Kantone müssen angepasst und dann vom Bundesrat genehmigt werden. Obwalden und Glarus haben es verpasst, ihre Richtpläne fristgerecht beim Bund einzureichen. Für sie gilt ab dem 1. Mai ein Einzonungsstopp. Ebenfalls knapp dran sind Jura, Basel-Land, Freiburg, Wallis und das Tessin. Ihre Richtpläne sind derzeit in Prüfung. Ob sie bis Anfang Mai genehmigt werden, ist derzeit noch offen.

Die betroffenen Kantone wollen nun vorwärts machen. Die meisten hoffen, dass sie die Vorgaben demnächst erfüllen und das Einzonungsmoratorium noch vor Ende Jahr gestrichen wird. Die Auswirkungen auf die Gemeinden seien gering, heisst es in den meisten Kantonen, nur ­wenige seien betroffen. Die Stadt Zürich allerdings spricht von einem «Armutszeugnis», wichtige Bauvorhaben wie die Weiterentwicklung des Hochschulgebiets oder das Sportzentrum ­Oerlikon seien beeinträchtigt.

Das Unverständnis über den Bund ist mancherorts gross. Der Entscheid des Bundesrates sei «ungerechtfertigt», schreibt der Kanton Luzern in einer Stellungnahme. Die beschlossene Mehrwertabgabe sei durchaus mit dem Wortlaut des Raumplanungs­gesetzes vereinbar. Auch der Schwyzer Volkswirtschaftsdirektor Andreas Barraud sagt: «Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht.» Man werde den detaillierten Bericht des Bundes nun genau prüfen und dann möglichst bald die nötigen Anpassungen vornehmen.