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USA

Biden sieht Demokratie bedroht

In einer eindringlichen und angriffslustigen Rede hat US-Präsident Joe Biden vor dem Niedergang der amerikanischen Demokratie durch seinen Vorgänger Donald Trump gewarnt. "Donald Trump und die MAGA-Republikaner repräsentierten einen Extremismus, der die Grundfesten unserer Republik bedroht", sagte Biden am Donnerstag (Ortszeit) bei einer Wahlkampfveranstaltung in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania.
Bild: Keystone/AP/Evan Vucci

Der Versuch, die Machtübergabe vergangenes Jahr zu verhindern, sei für diese nur eine "Vorbereitung für die Wahlen 2022 und 2024" gewesen. Trump kokettiert seit Monaten immer deutlicher mit einer Kandidatur für 2024. MAGA steht für sein früheres Wahlkampfmotto "Make America Great Again" (auf Deutsch etwa: "Macht Amerika wieder grossartig").

Der Ex-Präsident weigert sich bis heute, seine Niederlage 2020 einzugestehen. Der Republikaner behauptet ohne faktische Grundlage, durch massiven Wahlbetrug um den Sieg gebracht worden zu sein. Biden kam bei der Wahl auf 81 Millionen Stimmen und auf eine klare Mehrheit der Wahlleute. Für Trump stimmten gut 74 Millionen.

Bei der anstehenden Kongresswahl am 8. November - in der Mitte von Bidens Amtszeit - werden in den USA alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus und etwa ein Drittel der Sitze im Senat neu gewählt. Ebenso stehen in zahlreichen Bundesstaaten Gouverneurswahlen an. Trump, der die Republikanische Partei weiterhin dominiert, hat für zahlreiche Posten Vertraute und Unterstützer seiner Wahlbetrugslüge in Stellung gebracht.

"Die MAGA-Kräfte sind entschlossen, dieses Land in die Vergangenheit zu führen", in ein Amerika ohne freie Wahlen, Privatsphäre und Verhütungsmittel, sagte Biden weiter. "Zu viel von dem, was heute in unserem Land passiert, ist nicht normal." Und zu lange hätten die Amerikaner sich damit beruhigt, dass ihre Demokratie garantiert sei. "Aber sie ist es nicht. Wir müssen sie verteidigen. Sie beschützen. Für sie einstehen. Jede und jeder Einzelne von uns".

Biden, der sonst stets die Wichtigkeit des Kompromisses und der Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg betonte, hatte seine Rhetorik zuletzt verschärft und Trump und seine Unterstützer direkter denn je angegriffen. Trumps Unterstützer beschuldigen die US-Regierung angesichts einer Durchsuchung von Trumps Anwesen in Florida wegen zurückgehaltener Geheimdokumente, politisch motiviert gegen diesen vorzugehen. Zuletzt bezeichnete Biden ihre Philosophie gar als "halben Faschismus".

Vor Bidens Rede am Donnerstag forderte der Minderheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, vom Präsidenten eine Entschuldigung für seine Wortwahl. Er warf Biden zudem vor, die USA zu spalten: "Anstatt zu versuchen, unser Land zusammenzubringen, um die vielen Probleme zu lösen, die er geschaffen hat, hat sich Präsident Biden dafür entschieden, seine amerikanischen Mitbürger zu spalten, zu erniedrigen und zu verunglimpfen - nur weil sie mit seiner Politik nicht einverstanden sind."

Der aggressive Ton Bidens in seiner Rede am Donnerstag wird vor allem als Botschaft an potenzielle demokratische Wählerinnen und Wähler gesehen, die in ihrer Ablehnung Trumps für die Abstimmung im November mobilisiert werden sollen. Der US-Präsident warnte dementsprechend plakativ vor der derzeitigen Gefahr für Amerika und bediente dabei immer wieder das Bild vom Kampf des Lichts gegen die Dunkelheit, zwischen Gut und Böse. Er verzichtete dabei darauf, seine politischen Erfolge der vergangenen Monate zu bewerben.

Biden behauptete, dass nicht einmal die Mehrheit der Republikaner Trump-Unterstützer seien. "Aber es steht ausser Frage, dass die republikanische Partei heute von Donald Trump und den MAGA-Republikanern dominiert, getrieben und eingeschüchtert wird." Die Nation müsse sich hinter dem einen Ziel versammeln, die Demokratie zu verteidigen - unabhängig von der Ideologie jeder und jedes Einzelnen.

Er werde nicht tatenlos zusehen, wie der Wille des amerikanischen Volkes durch wilde Verschwörungstheorien und haltlose Behauptungen gestürzt werde, sagte der 79-Jährige, der bislang noch nicht offiziell angekündigt hat, 2024 erneut anzutreten. "Als Ihr Präsident werde ich unsere Demokratie mit jeder Faser meines Seins verteidigen und ich fordere jeden Amerikaner auf, sich mir anzuschliessen." Jeder müsse sich engagieren und bei der kommenden Wahl abstimmen.

Auf Bidens Rede, die mit dem Titel "Kampf um die Seele der Nation" überschrieben war, reagierten einige Republikaner mit Kritik. Der prominente republikanische US-Senator Lindsey Graham schrieb: "Bei allem Respekt, Herr Präsident, mit der Seele Amerikas ist alles in Ordnung. Das amerikanische Volk leidet wegen Ihrer Politik." Der republikanische Gouverneur von Arkansas, Asa Hutchinson, sagte dem Sender CNN am Freitag: "Es war eine politische Rede, es war eine spaltende Rede. Und das ist nicht angemessen für einen Präsidenten." (sda/dpa)