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Service Public

«Aus praktischer Sicht hat sie ausgedient»: SVP-Nationalrat fordert Abschaffung der B-Post 

Der Walliser SVP-Nationalrat Michael Graber will mit einer Motion die B-Post abschaffen. Das sorgt bei Politikern anderer Parteien für Kopfschütteln. 

Insgesamt 1811 Millionen Briefe wurden letztes Jahr verschickt - 3,3 Prozent weniger als im Jahr zuvor.
Bild: Bild: Pius Amrein (luzern, 4. Juni 2021) 

Der Aufschrei war gross, als im Februar eine Expertengruppe eine kleine Post-Revolution vorschlug: Briefe sollen nur noch drei Mal pro Woche zugestellt, die A-Post abgeschafft werden. Die Idee wurde in Bausch und Bogen verworfen - von der Post, aber auch von Politikern und Politikerinnen von links bis rechts.

«Inakzeptabel» wäre ein solcher Abbau des Service public, findet auch der Walliser SVP-Nationalrat Michael Graber. Er schlägt nun gerade das Umgekehrte vor: Nicht die A-Post, sondern die B-Post soll weg. Briefe sollen immer innert eines Werktages nach Abgabe zugestellt werden, an sechs Tagen die Woche. Eine entsprechende Motion hat er in der Herbstsession eingereicht.

Nationalrat Michael Graber (SVP/VS)
Bild: Anthony Anex / KEYSTONE

Einen Abbau beim Service Public gelte es auf jeden Fall zu verhindern, findet er, denn sonst hätten insbesondere die ländlichen Gebiete einmal mehr das Nachsehen. «Die Steuerzahler haben Anspruch auf eine unserem Land würdige Grundversorgung der Post, an allen Werktagen.» Die B-Post ist in Grabers Augen indes unnötig geworden: Sie gehöre abgeschafft. da sie in einer immer mehr digitalisierten Zeit «aus praktischer Sicht ohnehin ausgedient hat».

Eingeführt wegen der Brief-Flut

Die «Zweiklassengesellschaft» aus A- und B-Post gibt es seit rund dreissig Jahren. Sie wurde 1991 eingeführt - und zwar, weil die Briefmenge damals stark stieg. Heute ist das Gegenteil der Fall: Die Briefmengen sinken, und mit ihnen die Erträge. Das leistet der Diskussion Vorschub, welche Leistungen die Post in Zukunft erfüllen soll und wie diese finanziert werden.

Der Vorstoss von SVP-Nationalrat Graber sorgt bei anderen Parteien jedoch für Kopfschütteln. Der Bündner Mitte-Nationalrat Martin Candinas sagt: «Wir haben heute eine gute Lösung. Wenn es nicht eilt, kann man B-Post wählen und zahlt dafür weniger.» Zudem könne die Post die Arbeitslast dadurch besser verteilen.

Auch FDP-Nationalrat Kurt Fluri lehnt den Vorstoss von Graber ab. «Ich finde es grundsätzlich nicht richtig, wenn das Parlament ins operative Geschäft eingreift», sagt der Solothurner. «Und die heutige Regelung mit A- und B-Post ist gut.» Zudem sei es der falsche Moment für den Vorstoss, da der Bundesrat nächstes Jahr einen Bericht zur Grundversorgung der Post vorlegen wird. Dieser kommt anschliessend ins Parlament. Fluri und Candinas sitzen in der Kommission, welche diesen beraten wird.

Geht es um einen Ausbau des Service public, sind die linken Parteien meist Feuer und Flamme. Den Vorstoss von Graber lehnt Grünen-Nationalrat Michael Töngi jedoch ab. «Natürlich wollen wir einen starken Service public», sagt der Luzerner, der ebenfalls Mitglied der zuständigen Kommission ist. «Wenn die SVP nur noch A-Post will, dann muss sie aber auch sagen, wie das finanziert werden soll.» In Töngis Augen hätte der Nationalrat in der Herbstsession die Chance gehabt, bei der Postfinance-Debatte über die künftige Finanzierung der Grundversorgung zu diskutieren. «Doch das interessierte niemanden, auch die SVP nicht.»

Post müsste aufrüsten

Ganz aus der Luft gegriffen ist Grabers Vorstoss indes nicht. FDP-Ständerat Josef Dittli etwa sagte im März den Tamedia-Zeitungen: «Wenn die A-Post bleibt, spielt es für mich dann aber keine Rolle, wenn die B-Post nur noch dreimal pro Woche erscheint.»

Die Post selbst will an der B-Post festhalten. Diese sei immer noch sehr beliebt, erklärt ein Sprecher. Zudem könnten dadurch die Briefmengen gleichmässig auf alle Tage verteilt werden. «Das erlaubt uns, unsere Infrastruktur gleichmässig auszulasten und auch die Einsatzpläne für die Mitarbeitenden optimal zu gestalten.» Müsste alle Post am darauffolgenden Werktag zugestellt werden, müsste sie ihre Infrastruktur «auf den absoluten Spitzentag auslegen».

Post-CEO Roberto Cirillo
Bild: Peter Klaunzer / KEYSTONE

Auch die Abschaffung der A-Post steht für die Post nicht zur Diskussion. Das würde an den Kundenbedürfnissen vorbeizielen, erklärt sie. Post-Chef Roberto Cirillo wählte im März in diesem Zusammenhang deutliche Worte: «Wir werden uns nicht zu Tode sparen.»