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Urteil

Attentat in Morges VD: Täter erhält 20 Jahre Gefängnis, aber keine Verwahrung

Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts in Bellinzona hat ihr Urteil gegen den Messerstecher Omer A. eröffnet. Neben einer langjährigen Freiheitsstrafe ordnete das Gericht stationäre therapeutische Massnahmen an.

Der islamistische Anschlag geschah im September 2020 in der Innenstadt von Morges.
Bild: Keystone

Die Tat war schockierend und für die Schweiz bisher einzigartig: Am 12. September 2020 erstach der inzwischen 29-jährige Omer A. mit einem Messer einen damals 29-jährigen Portugiesen in einem Kebab-Restaurant in Morges. Dieser hielt sich dort mit Freunden zum Abendessen auf.

Der Täter, ein im Kanton Waadt aufgewachsener schweizerisch-türkischer Doppelbürger, hatte das Opfer zufällig ausgesucht. Er wollte sich damals «für den Propheten rächen – für alle Attacken auf den Islam», wie er während der Hauptverhandlung im Dezember erklärte . Nach der Tat hatte er gemäss Zeugen «Allahu akbar» (Allah ist der Grösste) geschrien. Der Täter erklärte vor Gericht, sich für den «Islamischen Staat» (IS) interessiert zu haben, bestritt aber einen Treueschwur.

20 Jahre Freiheitsstrafe – späte Einsicht des Täters

Die Strafkammer des Bundesstrafgerichts verurteilte den Täter am Dienstag nun wegen Mordes und weiterer Vergehen zu einer 20-jährigen Freiheitsstrafe sowie zu stationären therapeutischen Massnahmen. Während der Hauptverhandlung hatte sich der Täter geständig gezeigt. Am Ende erklärte er auch, einen Fehler gemacht zu haben und entschuldigte sich bei den Angehörigen des Opfers.

Doch die Einsicht kam spät. Die portugiesische Familie ist genauso wie ein Freund wegen der Tat bis heute schwer traumatisiert. Und der Vater macht sich Vorwürfe, den Sohn in die Schweiz geschickt zu haben, um eine Arbeit zu finden.

Verurteilter war Nachrichtendienst des Bundes bekannt

Die Bundesanwaltschaft sprach während der Hauptverhandlung von einer «extrem schweren Schuld». Sie hatte daher eine Freiheitsstrafe von 18 Jahren und eine ordentliche Verwahrung gefordert. Eine stationäre Behandlung in einer geschlossenen Einrichtung lehnte die Anklage ab. Die Verteidigerin des Beschuldigten, der dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB) bereits seit 2017 bekannt gewesen sein soll , hatte sich gegen eine Verwahrung ausgesprochen. Sie forderte eine stationäre therapeutische Massnahme.

Der Beschuldigte selbst hatte die Verhandlung stets mit gesenkten Kopf verfolgt und war in einem orangem Pullover erschienen – wohl als Anspielung auf die Gefangenen von Guantanamo. Teilweise wollte er den Gerichtssaal verlassen, um nicht mit den Aussagen der Familienangehörigen des Opfers konfrontiert zu sein. Auch der Urteilseröffnung folgte er sitzend in gebeugter Haltung, ohne je die drei Richter anzuschauen.