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Schweiz [News Service]

Alkohol und Drogen: Die Coronakrise schafft neue Risikogruppen

Flucht vor Alltagssorgen und Stress: Die Coronapandemie verstärkt gefährliche Konsummotive. Zudem erweitert sie die Risikogruppen. Sucht Schweiz warnt und appelliert, frühzeitig Hilfe zu holen.
Drogen und Alkohol: Die Coronapandemie verschärft die Suchtproblematik. (Symbolbild) (Keystone)

André Bissegger

Ein Glas Wein oder ein Bier nach dem Feierabend, eine Tablette, um besser einschlafen zu können, oder online um Geld zocken bis zum Exzess: Die Möglichkeiten sind gross, um seinen Stress zu bewältigen. Sucht Schweiz beobachtet die aktuelle Situation besorgt: Zahlreiche Menschen seien in dieser Ausnahmesituation äusserst ungewohnten und starken Belastungen und Traumata ausgesetzt, schreibt die Stiftung im Schweizer Suchtpanorama 2021. «Manche von ihnen gebrauchen Alkohol, Drogen oder Medikamente kurzfristig, um sich zu entlasten.»

Sucht Schweiz denkt da neben der Allgemeinbevölkerung besonders an das Pflegepersonal auf Notfallstationen oder an das Personal im Transportwesen und Verkauf. Auch Menschen, die ein Trauma erlitten hätten, seien stark belastet – beispielsweise schwer Erkrankte oder deren Angehörige. «Sie alle haben ein erhöhtes Risiko, die Kontrolle über ihren Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenkonsum zu verlieren», schreibt die Stiftung. Sie appelliert an Betroffene, Angehörige und Arbeitgebende, frühzeitig Hilfe zu holen und nicht zu schweigen.

Corona zeigt sich noch lange im Suchtverhalten

Auch geht Sucht Schweiz davon aus, dass sich die Auswirkungen der Coronapandemie noch lange Zeit auf das Suchtverhalten auswirken werden. Der Grund: Die Pandemie begünstigt Motive wie die Flucht vor Alltagssorgen oder Stress. Diese fördern die Entwicklung einer Abhängigkeit oder eines problematischen Konsums. Die Stiftung rechnet beispielsweise beim Alkohol mittel- und langfristig mit einem steigenden Risikokonsum und mehr Alkoholabhängigkeit in Teilgruppen der Bevölkerung – besonders bei Männern und Personen mit geringerem sozioökonomischem Status.

Für die Stiftung ist klar: Auswirkungen auf die mentale Gesundheit werden wie bei früheren Epidemien oder Katastrophen noch Jahre danach weiterbestehen und durch ungesunde Bewältigungsversuche mit Alkohol, Drogen und Medikamenten verlängert und verschlimmert, wie es weiter heisst. «Dadurch leiden immer auch Familienangehörige.»

Glücksspieler sind in der Pandemie stark gefährdet

Kritik äussert Sucht Schweiz beispielsweise auch bezüglich des Zeitpunkts der Öffnung des Geldspielmarktes und der starken Bewerbung von Online-Geldspielplattformen. «Die mit der Gesundheitskrise fast gleichzeitige Öffnung des Geldspielmarktes für Online-Angebote wird sich für manche Spielende stark auswirken.»

Sucht Schweiz befürchtet daher einen Anstieg der problematisch Spielenden in der Bevölkerung. Vor allem 18- bis 29-Jährige sind gemäss dem Suchtpanorama überdurchschnittlich betroffen.