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Schweiz

Alain Berset: «Das war doch gar kein Lockdown!»

Bundesrat Alain Berset und Daniel Koch erklärten in Freiburg, was sie tun wollen, wenn es zu einer «zweiten Welle» kommt.
Alain Berset stört sich am Begriff «Lockdown»
(Keystone)

(wap) Die Schweiz sei zu Beginn der Pandemie überfordert gewesen, habe danach aber schneller und besser reagiert als andere Länder. Dieses Fazit zog Bundesrat Alain Berset an einer Pressekonferenz anlässlich eines Besuches in Freiburg. Er hatte sich dort aus erster Hand darüber informieren lassen, wie die kantonalen Behörden das Contact Tracing handhaben wollen: Die rigorose Nachverfolgung aller Infektionsketten.

Dieses Contact Tracing werde in den kommenden Monaten matchentscheidend sein. Die einschneidenden Massnahmen der letzten Wochen seien nur deshalb nötig gewesen, weil man im März sehr schnell die Kontrolle über die Infektionsketten verloren habe. Diese sei nun wiederhergestellt, und man müsse sie auf jeden Fall behalten.

Abstand und Hygiene für Monate und Jahre

Dazu brauche es nun weiterhin Eigenverantwortung. Dies sei der «Schweizer Weg». Berset betonte, dass die Schweiz auch in der ausserordentlichen Lage vergleichsweise wenige Einschränkungen erlassen habe. Von einem «Lockdown», das heisst einer Ausgangssperre für die ganze Bevölkerung, könne keine Rede sein. Man habe die wirtschaftliche Aktivität teilweise eingeschränkt, was einzelne Branchen hart getroffen habe. Die Wirtschaft sei in der Schweiz aber nie stillgestanden.

Damit dies so bleibe, müsse man sich nun an eine «neue Normalität» gewöhnen. Was damit gemeint ist, erklärte der Covid-19-Delegierte Daniel Koch: Abstandhalten und strenge Hygiene seien das neue «Normal», nicht nur während ein paar Wochen, sondern vielleicht über Monate und Jahre hinweg.

Neue Einschränkungen werden lokal sein

Doch was, wenn es nach der Öffnung zu einem schnellen Anstieg der Fallzahlen kommt? Es mache demütig, wenn man sehe, wie schwer andere Länder getroffen worden seien, sagte Alain Berset. Man müsse die Infektionsketten deshalb unbedingt unter Kontrolle behalten. Das Contact Tracing sollte aber ermöglichen, dass man zukünftig schnell lokal eingreifen könne. Anstelle eines landesweiten Betriebsverbots für ganze Branchen würde man sofort Massnahmen auf lokaler Ebene treffen, so Berset.

Solche kenne man bereits heute, sagte Daniel Koch. Es sei nichts ungewöhnliches, dass beim Ausbruch einer kleinen Epidemie zum Beispiel alle Schulen und Kindergärten in einer Ortschaft geschlossen würden. Auf diese Weise wolle man auch reagieren, wenn die Krankheit nun plötzlich in einer Schule oder einer Kinderkrippe auftrete.

Berset zeigte sich zuversichtlich, dass die Schweiz das Virus unter Kontrolle behält. Dass es die Schweiz auch ohne richtigen Lockdown geschafft habe, zeuge von einem hohen Mass an Eigenverantwortung der Bevölkerung. Diese Selbstdisziplin sei nun auch von den Gewerbetreibenden gefordert: Sie müssten nun sicherstellen, dass Abstand und Hygiene in ihren Geschäften eingehalten würden.