Am 1. Oktober 2002 ist die sogenannte Fristenregelung in Kraft getreten. Seither können Frauen in der Schweiz selber über den Schwangerschaftsabbruch bis in die 12. Woche entscheiden, zu einem späteren Zeitpunkt muss eine Ärztin die Lage beurteilen. Der Einführung der Fristenregelung war ein jahrzehntelanger politischer Kampf der Frauen um das Recht über ihren eigenen Körper vorangegangen.
Zum 20-jährigen Bestehen dieser Regelung haben sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier, medizinische Fachpersonen und Organisationen der Zivilgesellschaft am Dienstag in Bern zu einer Feier zusammengefunden. Eröffnet wurden die Feierlichkeiten im Beisein von Bundesrätin Karin Keller-Sutter.
Die Gruppe Sexuelle Gesundheit Schweiz (SGCH) kritisiert derweil, dass Frauen, die eine Schwangerschaft abbrechen wollen, heute immer noch diskriminiert werden und auf zahlreiche Hürden stossen. Sie verlangt deshalb, dass die Abtreibung aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wird, wie es in einer Mitteilung vom Dienstag heisst.
Auf Frauen lastet auch heute hoher moralischer Druck
Die grüne Nationalrätin und Präsidentin von SGCH Léonore Porchet hat bereis im Juni eine gleich lautende parlamentarische Initiative eingereicht. «Die Tatsache, dass der Schwangerschaftsabbruch im Strafgesetzbuch verankert ist, setzt ein völlig falsches Signal und trägt zur Stigmatisierung bei», lässt sie sich zitieren.
Auch Thomas Eggimann, Generalsekretär der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie, macht sich für das Vorhaben stark. «Es ist an der Zeit, dass ein weiterer Schritt unternommen wird, um den Schwangerschaftsabbruch zu einer Frage der öffentlichen Gesundheit zu machen», zitiert ihn die Mitteilung. Heute laste auf den betroffenen Frauen ein hoher moralischer Druck, weil die Abtreibung im Strafgesetzbuch geregelt ist. «Dieser Druck wird indirekt auch vom Gesundheitspersonal verspürt», so Eggimann.
Yvonne Gilli, Präsidentin des Ärzteverbandes FMH, pflichtete dem Generalsekretär der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie bei. Sie unterstrich, dass Frauen vor, während und nach einem Schwangerschaftsabbruch das Recht auf eine gute medizinische Betreuung hätten. Das sei eine «medizinisch-ethische Verpflichtung für jede im Gesundheitswesen tätige Person».
Rechts-Konservative sammeln Unterschriften für Initiativen
Um der Initiative von Léonore Porchet Nachdruck zu verleihen, will die SGCH eine Petition beim Parlament einreichen. Das Ziel sei es, bis zum 1. Oktober 10'000 Unterschriften zu sammeln. Aus rechts-konservativen Kreisen gibt es derweil Bestrebungen, das Recht auf Abtreibungen einzuschränken.
Die jüngsten kommen aus den Reihen der SVP – und sorgen parteiintern für Zwist. Die SVP-Politikerinnen Yvette Estermann und Andrea Geissbühler sammeln aktuell Unterschriften für zwei Volksinitiativen. Die eine verlangt einen Tag Bedenkzeit vor einer Abtreibung. Die andere richtet sich gegen die «schockierende Praxis der Spätabtreibungen».