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Evolution

Was Stichlinge im Bodensee erfolgreich macht

Der Bestand der Stichlinge im Bodensee hat sich in jüngerer Zeit vervielfacht. Eawag-Forschende haben die genetische Vielfalt dieser Fische im und um den Bodensee untersucht und sind womöglich dem Erfolgsrezept der Stichlinge auf der Spur.
Vertreter des Dreistachligen Stichlings aus dem Bodensee (links) und den umliegenden Bächen (rechts). Die beiden Ökotypen unterscheiden sich unter anderem in Körpergrösse, Färbung der Weibchen (oben) und Brutfärbung der Männchen (unten).
Bild: David Marques

Manchen Fischern verstopfen sie die Netze: Dem Stichling geht es im Bodensee offenbar hervorragend. Möglicherweise verschaffen ihnen osteuropäische Einflüsse einen Vorteil, wie Wissenschaftler um Ole Seehausen und David Marques von der Forschungsanstalt Eawag berichten.

Das Team um Seehausen erforscht die Stichlinge im Bodensee und den umliegenden Bächen seit Jahren. Die Seestichlinge sind deutlich grösser und stärker gepanzert als ihre Verwandten in den Bächen. Obwohl sich diese beiden als "Ökotypen" bezeichneten Gruppen am gleichen Ort, den Bachunterläufen, fortpflanzen, bleiben die äusserlichen Unterschiede bestehen. Das macht die Stichlinge zu einem Fall ökologischer Artbildung in einem frühen Stadium, wie die Eawag am Montag mitteilte.

Wiedersehen am Bodensee

Seehausen, Marques und ihre Kollegen haben nun die genetische Herkunft der Bodenseestichlinge und umliegender europäischer Bestände rekonstruiert. Davon berichteten sie kürzlich im Fachblatt "Nature Communications". Die Ergebnisse verraten womöglich das Erfolgsrezept der Stichlinge im Bodensee.

Offenbar trafen demnach zwei Süsswasserpopulationen, die sich über Tausende von Generationen unabhängig voneinander in unterschiedlichen Einzugsgebieten entwickelt haben, im Bodenseeraum wieder aufeinander.

Dabei weisen auch die Bachstichlinge Unterschiede auf, hiess es weiter. Die Individuen in den Bächen nördlich und westlich des Bodensees stammen grösstenteils aus Westeuropa, die in den südlichen Bächen überwiegend aus Osteuropa.

Der genetische Austausch zwischen west- und osteuropäischen Stichlingen in den Bachunterläufen führte dazu, dass sich südlich des Bodensees relativ rasch neue Bachstichlinge innerhalb der osteuropäischen Linie entwickelten, schrieb die Eawag.

Lange Dornen, stark gepanzert

Womöglich könnte dieser nun erstmals entdeckte osteuropäische Ursprung der Stichlinge deren Erfolgsrezept ausmachen, so Marques gemäss der Mitteilung. In Osteuropa südlich der Ostsee tragen Stichlinge nämlich lange Dornen und sind stark gepanzert. Das erlaubt ihnen, das riesige Freiwasser des Bodensees zu besiedeln.

In Seen der Westschweiz, in denen sich eher westeuropäische Stichlinge angesiedelt haben, sind diese weniger erfolgreich, weil sie weniger für die Besiedlung von Freiwasser geeignet seien. Dies sei aber bisher nur eine Hypothese, die es weiter zu prüfen gelte, liess sich Marques in der Mitteilung zitieren.

www.nature.com (sda)