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Schweiz [News Service]

Salathé nach Superspreader-Event: «Müssen kreative Lösungen suchen, die für alle annehmbar sind»

Nach dem Superspreader-Event in Zürich fordert Marcel Salathé neue Ansätze zur Nachverfolgung von Coronainfektionen. Als Möglichkeit sieht der Wissenschafter eine ID-Pflicht, um in Clubs Einlass zu erhalten.
Marcel Salathé, Mitglied der Taskforce des Bundes und Epidemiologie-Professor an der EPFL, nimmt kritisch Stellung zur Situation im Clubbereich. (Peter Klaunzer / Keystone)

(sat) In einem Zürcher Nachtclub hat ein Coronainfizierter mindestens fünf weitere Leute angesteckt. 300 Gäste müssen in Quarantäne, wie am Wochenende bekannt wurde. Nun äussert sich Marcel Salathé, Mitglied der Wissenschafts-Taskforce des Bundes, zu Tücken des Contact-Tracings. «Man muss sicher über die Bücher», sagte der Lausanner Epidemiologe am Montag zu Radio SRF. Das Problem scheine die Sensibilisierung zu sein, dass bewusst falsche Information angegeben wurden. «Die Privatsphäre schützen ist wichtig», stellt Salathé klar. «Aber wenn man in einen öffentlichen Club geht und sich bewusst ist, dass wir in einer speziellen epidemischen Situation sind, dann habe ich nur begrenzt Verständnis dafür.»

Der Fall vom Wochenende werde «sicher ein Weckruf für die Clubszene» sein, so Marcel Salathé. Die immer wieder vorgebrachte Idee, dass die Covid-Tracing-App des Bundes Bedingung sein müsse für den Einlass in einen Club, lehnt er ab: «Diese App ist ein Zusatz zum klassischen Contact Tracing», sagt der Wissenschafter. Doch müsse dieses erst funktionieren, damit die App etwas dazu beitragen könne. Komme dazu, dass die App gar nicht als Grund für einen Einlass zulässig ist. Hatte doch das Parlament explizit beschlossen, dass die Installation der App nicht zu Vor- oder Nachteilen führen darf und damit freiwillig sei.

ID-Pflicht für Zugang zu Clubs?

«Es wäre wirklich Zeit zu überlegen, wie man sicherstellen kann, dass man korrekte Kontaktdaten hat», stellt Marcel Salathé klar. Denn auch da sei die App nicht sinnvoll, denn «die hat ja keine persönlichen Informationen». Es gehe also darum, «kreative Lösungen suchen, die für alle annehmbar sind». Eine solche sieht der Epidemiologe etwa mit einer ID-Pflicht: «Es hat in anderen Ländern die exakt gleiche Situation gegeben.» Nachdem in Südkorea beispielsweise bei Ausbrüchen in Clubs bis zur Hälfte der Fälle nicht nachvollzogen werden konnten habe man «auf Apps mit QR-Codes umgesattelt», wo die Identitätskarte gespeichert ist. «Wie man das konkret umsetzen würde, bleibt zu sehen», sagt Marcel Salathé.

Bereits am Sonntag hatte die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli kritisch Stellung genommen zur Situation im Nachtleben. Zudem zeigte sie sich verärgert darüber, dass ein Drittel der Gäste falsche Kontaktangaben gemacht hätten. Würden die Clubs die Registrierung ihrer Gäste nicht in den Griff bekommen, müsse über eine erneute Schliessung nachgedacht werden. Rickli kündete am Sonntag nach Bekanntwerden des Superspreader-Events vom vorangehenden Wochenende an, im Verlauf dieser Woche mit den Clubbetreibern erneut das Gespräch zu suchen.