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Genitalverstümmelung

Netzwerk hofft auf Projekt-Weiterführung

Rund 15'000 Mädchen und Frauen sind in der Schweiz gemäss Schätzungen von einer Genitalbeschneidung betroffen. Das schweizweite Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung möchte seine Tätigkeit auch längerfristig weiterführen können.
Ein somalisches Kind bei der Beschneidung. Gehalten wird es von seiner grossen Schwester. Das schweizweite Netzwerk gegen Mädchenbeschneidung kämpft mit Information und Beratung gegen diese tabuisierte Jahrtausende alte Tradition.
Bild: KEYSTONE/AP NY/JEAN-MARC BOUJU

Formell soll das vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) und vom Staatssekretariat für Migration (SEM) finanzierte Projekt Ende 2019 nämlich auslaufen, wie das Netzwerk in einer Mitteilung zum heutigen Internationalen Tag der Nulltoleranz gegen weibliche Genitalverstümmelung schreibt.

Die Verantwortlichen hoffen jedoch, dass das Netzwerk weiter existieren kann, wie die Projektverantwortliche Denise Schwegler gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. Man sei mit den Bundesstellen in Kontakt bezüglich Entscheidungsgrundlagen für eine Weiterfinanzierung.

Bis Mitte des Jahres 2019 soll der Entscheid fallen. Schwegler erwartet, dass das Projekt weitergeführt werden kann. Ihr derzeitiger Eindruck sei, dass die Verantwortlichen beim Bund das Projekt weiterhin unterstützen werden - in welchem Umfang und über welche Dauer sei allerdings offen.

Das Projekt wurde 2016 im Auftrag des Bundes von Caritas Schweiz, Terres des Femmes Schweiz, Sexuelle Gesundheit Schweiz und dem Schweizerischen Kompetenzzentrum für Menschenrechte gegründet. Die Finanzierung erfolgt über den Integrationskredit des Bundes im Rahmen des Programms Migration und Gesundheit. Durch die Migration sei auch die Schweiz zunehmend mit der Problematik konfrontiert.

Repression allein reicht nicht

In der Schweiz gilt Genitalverstümmelung als schwere Körperverletzung. Das Schweizerische Strafgesetzbuch verbietet seit dem 1. Juli 2012 jede Form der Genitalverstümmelung. Frauen, die von Genitalverstümmelung bedroht sind, können diese als Fluchtgrund geltend machen.

Der Strafartikel allein reiche aber nicht, um der Problematik Herr zu werden, betont Schwegler. Es brauche in diesem komplexen Zusammenhang mehr als Repression. "Es geht auch darum, einen Wertewandel in den Migrationsgemeinschaften zu bewirken, um das Tabu um die Jahrtausende alte Tradition zu brechen", sagte Schwegler. Hier setze das Netzwerk mit einer breiten Palette von Massnahmen an.

Dazu gehört die Beratung für Betroffene und Fachpersonen. Weil es oft am nötigen Fachwissen fehlt, werden Fachpersonen aus dem Sozial-, Asyl- und Gesundheitsbereich zum Thema geschult. Fast 1000 Fachleute haben bisher eine solche Schulung beansprucht.

Sensibilisierung der Gemeinschaften

Das Netzwerk arbeitet zudem mit rund 50 Männern und Frauen zusammen, welche regelmässig Anlässe in ihren Gemeinschaften durchführen. Zwischen April 2016 und Oktober 2018 haben laut Schwegler 66 solche Präventionsanlässe stattgefunden.

1240 Männer und Frauen haben daran teilgenommen. Im gleichen Zeitraum haben die nationalen und regionalen Anlaufstellen des Netzwerkes 352 Anfragen bearbeitet. Die seit Mai 2017 in sechs Sprachen aufgeschaltete Webseite wurde über 25'000 Mal besucht.

Es sind vor allem Frauen und Mädchen aus Äthiopien, Eritrea, Somalia und Ägypten, die in die Schweiz flüchten, weil sie von Genitalverstümmelung bedroht oder betroffen sind. Dass die Zahl der betroffenen Mädchen und Frauen lediglich auf Schätzungen beruht, hat zu Schweglers Bedauern damit zu tun, dass es in der Schweiz kein systematisches Monitoring gibt, weder in den Spitälern noch bei der Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb). (sda)