(rwa) Dass Diplomaten in der Öffentlichkeit undiplomatisch werden, kommt selten vor. Unverblümt äussert sich für einmal Thomas Greminger. «Ich bin sehr enttäuscht und frustriert, dass es so gekommen ist», sagte der nicht wiedergewählte OSZE-Generalsekretär in einem am Freitag veröffentlichten Interview mit der "NZZ". Der Schweizer Spitzendiplomat war Opfer eines Machtspiels zwischen Aserbaidschan, Tadschikistan und der Türkei geworden.
Greminger sieht sich als «Kollateralschaden» einer politischen Dynamik. «Um das nun Realität gewordene Führungsvakuum zu verhindern, hätte es eine Eskalation durch die Grossmächte gebraucht, die den kleineren Ländern die politischen Kosten ihrer verheerenden Alleingänge aufgezeigt hätten.» Laut dem scheidenden Generalsekretär war ausser Deutschland jedoch keines der mächtigen Länder bereit für Schritte, die über diplomatische Interventionen hinausgingen.
Nach Ansicht des Topdiplomaten wird die Arbeit der OSZE zwar grundsätzlich sehr geschätzt. Das bedeute jedoch nicht, dass Regierungen willens seien, politisches Kapital und Ressourcen zu investieren. «Unser reguläres Budget ist seit zehn Jahren im Krebsgang.»