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Schweiz

Mehr Geld für erneuerbare Energie: Um die Klimaziele zu erreichen, will der Bundesrat die Wasser- und Windkraft stärker fördern

Der Bundesrat justiert die Energiestrategie. Um die Klimaziele zu erreichen, sollen erneuerbare Energien stärker subventioniert werden.
Der Bundesrat will dafür sorgen, dass mehr Windpärke gebaut werden. (Bild: Valentin Flauraud/Keystone (Mont-Soleil, 10. Mai 2017))

Lucien Fluri

Die Herausforderungen sind riesig: Bis 2050 will die Schweiz den CO2-Ausstoss auf netto null senken. Auf den Strassen sollen Elektroautos fahren; Wärmepumpen sollen die Ölheizungen ablösen. Gleichzeitig wird aus den Atomkraftwerken kein Strom mehr fliessen.

Gestern nun hat der Bundesrat vorgestellt, wie er das Energiegesetz anpassen und die erneuerbaren Energien stärker fördern will. Mit seinen Plänen (vgl. Kasten) will der Bundesrat Investitionsanreize setzen und der Strombranche «Planungs- und Investitionssicherheit» für den Ausbau der Erneuerbaren verschaffen. Damit, so der Bundesrat, könnten – anders als mit den heutigen Massnahmen – die Ziele der Energiestrategie 2050 erreicht werden.

Welche Auswirkungen hat dies auf die Konsumenten? Die Kosten sollen sich vorläufig nicht ändern. Der bereits bestehende Netzzuschlag von 2,3 Rappen pro Kilowattstunde bleibt. Damit sollen die 215 Mio. Franken teuren Massnahmen des Bundesrates finanziert werden können. Allerdings wird der Netzzuschlag nun nicht 2030, sondern erst 2035 gesenkt.

Der Konsument wird die Abgabe also länger bezahlen müssen. Andererseits will das Departement der zuständigen Bundesrätin Simonetta Sommaruga den Konsumenten zu mehr Transparenz verhelfen: Die Energieetikette soll informativer werden, bei der Werbung sollen Anbieter verpflichtet werden, mehr Angaben zu machen.

Bekräftigt hat der Bundesrat gestern einmal mehr, dass er den Strommarkt liberalisieren will: Auch Privathaushalte sollen dereinst ihren Anbieter frei wählen können, so wie dies die Grossbezüger schon heute tun können. Wer will, soll aber auch weiterhin vom Grundversorger Strom beziehen können.

Dieser wird verpflichtet, beim Grundangebot 100 Prozent erneuerbare Energien aus Schweizer Produktion anzubieten. Genauere Details zur Strommarktliberalisierung muss das Departement von Energieministerin Sommaruga nun bis Anfang 2021 ausarbeiten, wie der Bundesrat gestern beschlossen hat.

Es dürfte ein politisch heisses Eisen sein: So reagierte der Gewerkschaftsbund bereits und hielt fest, Strom gehöre zum Service Public. Die Bevölkerung werde von der Liberalisierung nicht profitieren, dagegen würden die Elektrizitätsunternehmen viel schlechter planen können und deshalb weniger in die ökologische Stromproduktion investieren.

Unerwartet kommt der Widerstand nicht: Seit Jahrzehnten wird in der Schweiz über die Liberalisierung des Strommarktes gestritten. Bedingung ist eine Liberalisierung allerdings, falls die Schweiz mit der EU ein Stromabkommen abschliessen und so Zugang zum europäischen Strommarkt haben will.

Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative

Noch einen Entscheid hat der Bundesrat gestern in Sachen Umweltpolitik gefällt: Er will einen Gegenentwurf zur Gletscher-Initiative ausarbeiten lassen. «Dieser verfolgt das gleiche Ziel wie die Initiative: Netto-null Treibhausgasemissionen bis 2050», schreibt der Bundesrat. Die Initiative gehe ihm jedoch«punktuell zu weit»: «Im Gegensatz zur Initiative möchte der Bundesrat kein explizites Verbot fossiler Energieträger in der Verfassung verankern.» So sollen fossile Treibstoffe beispielsweise für Einsätze von Polizei, Armee oder Rettungsdiensten erlaubt bleiben.

Den Grünen sind die Pläne zu wenig ambitioniert, wie sie gestern mitteilten: «Die Schweiz muss eine Vorreiterrolle einnehmen und bereits bis 2030 Klimaneutralität erreichen.» Auch die Schweizerische Energiestiftung ist überzeugt, dass das vorgestellte Energiepaket noch angepasst werden muss: Die Ausbauziele reichten nicht einmal aus, um den Strom aus den Schweizer Atomkraftwerken zu ersetzen, schreibt die Stiftung.