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Schule

Lehrer wollen keine Gratisarbeit leisten

Das Klischee von der vielen Freizeit der Lehrerschaft hält sich hartnäckig. Die dritte Arbeitszeiterhebung des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) zeigt jedoch, dass Lehrpersonen in der Deutschschweiz weiterhin fast 13 Prozent an Gratisarbeit leisten.
Laut Beat W. Zemp, Zentralpräsident des Dachverbands Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), leisten Lehrerinnen und Lehrer in der Schweiz weiterhin Gratisarbeit im Umfang von Hunderten von Millionen Franken pro Jahr.
Bild: KEYSTONE/PETER KLAUNZER

"Schweizer Lehrpersonen haben die höchsten Sollarbeitszeiten aller OECD-Länder und leisten zudem unbezahlte Überstunden im Wert von Hunderten von Millionen Franken", stellte LCH-Zentralpräsident Beat W. Zemp am Mittwoch vor den Medien in Bern fest. Angesichts dieses "unrühmlichen Spitzenplatzes" müsse man die Reissleine ziehen.

Laut Zemp muss die Bildungspolitik dafür sorgen, dass der Berufsalltag für Lehrpersonen mit den verfügbaren zeitlichen Ressourcen leistbar ist. LCH forderteine Senkung der Pflichtlektionenzahl für Lehrpersonen, zwei Jahreslektionen für die Klassenleitung, mehr Zeit für Elternarbeit und generell keine unbezahlte Überzeit.

Entspanntere Lage in der Romandie

Erfreulich ist laut Zemp allerdings der Rückgang der unbezahlten Überzeit um 40 Prozent in den vergangenen zehn Jahren. Die Jahresarbeitszeit für eine Vollzeit arbeitende Lehrkraft liegt nach Verbandsangaben je nach Stufe zwischen 2086 und 2222 Stunden.

Laut der Arbeitszeiterhebung 2019 leisten Lehrpersonen in der Deutschschweiz je nach Stufe zusätzlich regelmässig zwischen 8,6 und 16 Prozent Überzeit ohne Kompensationsmöglichkeit. Das entspricht einem Durchschnittswert von knapp 13 Prozent.

Besser ist die Situation in der Westschweiz, wie eine erstmals durchgeführte, aber noch nicht vollständig ausgewertete Erhebung zeigt. So leisten Lehrerinnen und Lehrer in der Romandie bei einer tieferen Referenzarbeitszeit "nur" 2 Prozent Überzeit.

Trend zu Teilzeit hält an

Ein 100-Prozent-Pensum sei unter den heutigen Rahmenbedingungen kaum mehr zu leisten, beklagte LCH-Zentralsekretärin Franziska Peterhans. Immer mehr Lehrpersonen seien angesichts steigender Zusatzaufgaben - etwa durch die zunehmende Heterogenität der Klassen, die Einführung des Lehrplans 21 oder neuer Fächer - im Beruf überlastet und leisteten deshalb heute Teilzeit.

Doch gerade Teilzeitlehrpersonen bekommen die hohe zeitliche Belastung besonders stark zu spüren. Laut der aktuellen Arbeitszeiterhebung bei über 10'000 Lehrerinnen und Lehrern leisten Lehrpersonen umso mehr Überstunden, je kleiner ihr Pensum ist. Bei einem Pensum von weniger als 50 Prozent werde durchschnittlich 22 Prozent Gratisarbeit geleistet, stellte Peterhans fest.

Der Teilzeittrend müsse gestoppt werden, erklärte Zemp. Es brauche in den kommenden fünf Jahren möglichst viele gesunde Lehrpersonen, weil die Schülerzahlen bis 2024 um rund 117'000 neue Schülerinnen und Schüler auf einen historischen Höchststand ansteigen würden. Gleichzeitig würden überdurchschnittlich viele Lehrerinnen und Lehrer in Pension gehen. (sda)