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Schweiz [News Service]

Ehemaliger Generalvikar von Lugano verhaftet

Die Staatsanwaltschaft Lugano ermittelt gegen einen Priester wegen «Entführung» und hat ihn in Polizeigewahrsam genommen. Es soll sich um den ehemaligen Generalvikar des Bistums Lugano handeln.
Die Kantonspolizei meldete am Samstag die Verhaftung eines 80-jährigen Priesters. (Symbolbild) (Keystone)

Gerhard Lob

«Die Staatsanwaltschaft und die Kantonspolizei bestätigen die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen einen 80 Jahre alten Schweizer Priester, der im Raum Lugano lebt», teilten die Behörden am späten Samstagabend in einer dürren Medienmitteilung mit. Nur fünf Minuten später bestätigte auch die Diözese Lugano die Ermittlung, über welche am Nachmittag bereits lokale Medien im Tessin informiert hatten.

Der Priester soll sich mit Blick auf eine 48-jährige Frau strafbar gemacht haben. Die Frau wohnte offenbar bei ihm, hatte aber keine legale Aufenthaltserlaubnis. Die Behörden ermitteln unter anderem wegen Entführung und Nötigung, ausserdem wegen einfacher Körperverletzung wegen Unterlassungshandlungen. Er wurde in Polizeigewahrsam genommen, seine Wohnung von den Ermittlern durchsucht. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Keine Minderjährigen involviert

Nach Informationen der Tessiner Tageszeitung «La Regione» handelt es sich bei dem verhafteten Priester um den ehemaligen Generalvikar der Diözese Lugano. Er stammt ursprünglich aus Davos, studierte in Rom und Freiburg Theologie und wurde im Jahr 2008 zum Rektor der Theologischen Fakultät in Lugano ernannt. Er war in diversen Gremien tätig, vorab im interreligiösen Dialog zwischen Katholiken, Protestanten und Juden.

Das Bistum Lugano fügt in ihrer Mitteilung an: «In diesem Fall sind keine Minderjährigen involviert. Die Kurie von Lugano arbeitet mit den Ermittlern zusammen.» Der Richter für Zwangsmassnahmen muss nun entscheiden, ob der 80-Jährige in Gewahrsam bleibt.

Nachricht schlug ein wie eine Bombe

Im Tessin schlug die Nachricht ein wie eine Bombe, denn der verhaftete Ex-Generalvikar ist sehr bekannt und war auch in Intellektuellenkreisen beliebt. In Reaktionen in den sozialen Medien herrschte Fassungslosigkeit. «Ich bin schockiert. Er war ein offener, sensibler Theologe, sehr pastoral», sagte ein ehemaliger Generalvikar eines Deutschschweizer Bistums gegenüber dem katholischen Informationsportal kath.ch.

Es handelt sich um die zweite strafrechtliche Untersuchung, welche in diesem Jahr die Diözese Lugano erschüttert. Ende Mai war ein Priester wegen Verdachts auf sexuellen Missbrauch verhaftet worden. Der Bischof von Lugano, Valerio Lazzeri, hatte dies damals an einer Medienkonferenz in der Kurie höchstpersönlich mitgeteilt.