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Flugverkehr

Aus für Passagierflüge bei Ju-Air

Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) entzieht der Ju-Air mit ihren historischen Maschinen die Genehmigung für kommerzielle Passagierflüge. Weiterhin anbieten kann die Ju-Air bezahlte Passagierflüge für die Vereinsmitglieder.
Keine Lizenz für kommerzielle Passagierflüge mehr: Eine Ju-52 der Ju-Air. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/WALTER BIERI

Die zwei Oldtimer des Typs Junkers Ju-52 der Ju-Air müssen aber vorerst am Boden bleiben. Diverse vom Bazl geforderte - aber noch nicht vollständig definierte - Massnahmen müssten noch umgesetzt werden.

Für den kommerziellen Weiterbetrieb mit Passagieren erfüllen die Oldtimer die heutigen Sicherheitsanforderungen nicht mehr. Diesen Schluss stützt das Bazl auch mit den Erkenntnissen aus der Untersuchung des Absturzes einer Ju-52 beim Piz Segnas. Am 4. August 2018 waren dabei alle 20 Insassen an Bord ums Leben gekommen.

Zusätzlich werde sich die europäische Gesetzgebung für Oldtimer ab Mitte 2019 ändern und einen kommerziellen Betrieb nicht mehr zulassen, schreibt das Bazl.

Flüge nur noch für Vereinsmitglieder

Hingegen soll ein Betrieb im privaten Rahmen und unter nationalen Auflagen weiterhin möglich sein. Vereinsmitglieder, die den Erlebnisflug suchen und ein Interesse am Weiterbetrieb historischer Flugzeuge haben, sollen weiterhin mitgeführt werden können.

Die Passagiere müssen seit mindestens 30 Tagen Vereinsmitglieder sein und über die höheren Risiken aufgeklärt sein, die bei historischen Flugzeugen im Vergleich zu modernen Passagierflugzeugen bestehen.

Da Flugzeuge wie die Junkers Ju-52 eine grössere Zahl von Passagieren befördern können, müssten sie technisch und operationell höhere Anforderungen erfüllen als kleinere Oldtimerflugzeuge, hält das Bazl fest. Erschwerend komme bei den heute 70 und 80 Jahre alten Ju-52 hinzu, dass es keinen Hersteller mehr gebe, der für die Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit verantwortlich ist.

Das Bazl sei wie andere nationalen Aufsichtsbehörden schon aus Ressourcengründen nicht in der Lage, diese Aufgabe zu übernehmen. Die privaten Betreiber von grossen Oldtimerflugzeugen müssten sich daher entweder selbst dieses Fachwissen aneignen oder diese Aufgabe an einen externen Betrieb delegieren.

Da die Ju-Air die vom Bazl geforderten technischen Massnahmen noch nicht vollständig erfüllen kann, bleiben ihre zwei Oldtimerflugzeuge weiterhin am Boden. Solange lassen sich aus Sicht des Bazl auch keine Aussagen über den Zeitpunkt der Wiederaufnahme des Flugbetriebes durch die Ju-Air machen.

Ju-Air: Sicherheit oberste Priorität

Die Ju-Air erklärte am Dienstag, die Weisung des Bazl bedeute für Flüge in der Schweiz keine wesentliche Änderung. Bereits heute seien fast 100 Prozent der Passagiere in der Schweiz Vereinsmitglieder. Für die Ju-Air geniesse die Sicherheit des künftigen Flugbetriebs oberste Priorität. Sobald die neuen Regelungen des Bazl im Detail vorlägen, werde man sie prüfen und dann sofort an die Umsetzung gehen.

Im Übrigen gebe es nach wie vor keine Hinweise darauf, dass eine technische Ursache zum Absturz der HB-HOT im August 2018 geführt hätte. Die im vergangenen November öffentlich diskutierten Schäden am Unfallflugzeug seien laut der Unfalluntersuchungsstelle Sust allesamt keinerlei Ursache für den Unfall.

"Keine sicherheitsrelevanten Mängel"

Für den Sommer 2019 sei vorgesehen, nur ein Flugzeug einzusetzen. Es handle sich dabei um die HB-HOS, welche seit November zusätzlich zur Jahreswartung auch umfassenden Korrosionsuntersuchungen unterzogen worden sei. Mit neuen, hochauflösenden Boroskopkameras hätten die Flügelholme und auch kleinste Hohlräume in Flügeln, Leitwerken und Rumpf ausgeleuchtet und untersucht werden können.

Ein auf Materialprüfung spezialisiertes Institut habe zusätzlich sämtliche Verbindungspunkte innerhalb der Flügel durchleuchtet. Die Analysen der Untersuchungen durch die Ju-Air und unabhängige, externe Experten stünden kurz vor dem Abschluss.

Die optischen und boroskopischen Untersuchungen, die Röntgenaufnahmen und die Expertisen von Materialwissenschaftlern und Experten für Strukturen und Motoren hätten bisher keine Hinweise auf sicherheitsrelevante Mängel beim Flugzeug HB-HOS ergeben.

Sofern keine solchen Mängel auftauchten, werde die Ju-Air beim Bazl ein Gesuch für den Flugbetrieb 2019 einreichen. Durch die Verzögerungen bei den Untersuchungen könne die Aufnahme des Flugbetriebs der HB-HOS aber nicht vor Ende Mai erfolgen.

Maschinen werden generalüberholt

Die Ju-Air habe die zusätzliche Untersuchungszeit dazu genutzt, die Generalüberholung der HB-HOS zu beginnen. Bis zur Wiederaufnahme des Flugbetriebs werde sie eine neue elektrische Verkabelung, ein überarbeitetes Cockpit, ein erneuertes Treibstoffsystem und eine neue Kabine erhalten. Im Jahr 2020 werde die Maschine dann in ihre Baugruppen zerlegt und die Flügel würden bei einem Spezialunternehmen generalüberholt.

Bei der Schwestermaschine HB-HOP werde dieses Prozedere bereits in diesem Sommer durchgeführt; sie sei schon im vergangenen November demontiert worden. Bis in einem Jahr werde sie wieder einsatztauglich sein und den Flugbetrieb 2020 sicherstellen.

Die zehn Jahre jüngere HB-HOY, ein Casa-Lizenzbau aus dem Jahr 1949, bleibe bis auf weiteres in Mönchengladbach (D) ausgestellt und werde vorerst nicht geflogen. Vertragliche Vereinbarungen liessen einen Abzug der jüngsten Maschine der Ju-Air im Moment nicht zu. Sobald die HB-HOY in die Schweiz geholt werden könne, werde auch sie generalüberholt.

Die Generalüberholung der drei Maschinen stehe in keinem direkten Zusammenhang mit dem Absturz der HB-HOT im vergangenen August, betont die Ju-Air. Sie sei eine Investition in die Sicherheit und die Werterhaltung der Flugzeuge. Die Tragödie und die darauf entstandene Unsicherheit über Ursachen und behauptete Mängel am Unfallflugzeug hätten die Ju-Air aber veranlasst, die drei Flugzeuge umfassend zu überholen. (sda)