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Naturgefahren

Weltgrösste Murgang-Waage steht im Wallis

Ein Murgang mit riesigen Felsbrocken zerstörte 2016 die weltgrösste Murgangwaage im Illgraben bei Leuk VS. Ihre Nachfolgerin ist seit kurzem in Betrieb und liefert exaktere Messwerte und Videos denn je. Vor wenigen Tagen erfasste sie ihren ersten Murgang.
Die über sieben Tonnen schwere Stahlkonstruktion der Messanlage wurde zentimetergenau in die Aussparung der aus Beton gefertigten Wildbachsperre im Illgraben eingebaut.
Bild: Brian McArdell, WSL

In einer Rinne aus Beton im Illgraben im Wallis liegt eine Waage. Und keine gewöhnliche: Wenn eine Mischung aus Schlamm und Gestein - ein Murgang - ins Tal donnert, muss er über diese Messanlage. Sie war bei ihrem Bau 2003 die erste ihrer Art weltweit. Dreizehn Jahre lang sammelten Forschende des WSL-Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) an dieser Stelle Daten zu Murgängen. Der grösste hatte ein Volumen von 100'000 Kubikmetern, wie die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) am Montag mitteilte.

Dann kam im Juli 2016 das vorübergehende Aus: Ein eigentlich gewöhnlicher Murgang traf auf die Waage, nur enthielt er drei sehr grosse Steinblöcke von mehr als 30 Kubikmetern Volumen. Diese rissen die Waage aus ihrer Verankerung und mit ins Tal.

Bessere Daten als je zuvor

Das Unglück war auch eine Chance, wie sich herausstellt: Die Nachfolgekonstruktion der Messanlage liefert noch bessere Daten, schrieb die WSL. Kernstück der neuen Waage ist eine acht Quadratmeter grosse Platte, unter der sechs Kraftmesszellen liegen. Diese erfassen die vertikal und horizontal wirkenden Kräfte bei einem Murgang mit hoher Auflösung. Radar- und Lasermessgeräte, sowie Beschleunigungssensoren und Videokameras liefern zusätzlich Daten über Abflussmenge, Wassergehalt, Dichte und Fliessgeschwindigkeit des Materials.

Am 10. Juni gegen 20.40 Uhr konnte sich die kürzlich neu installierte und derzeit weltweit grösste Murgangwaage erstmals bewähren: Ein Murgang schwemmte etwa 5000 Kubikmeter Gesteinsmaterial ins Tal und ging mit etwa 5 Kilometern pro Stunde über die Waage hinweg, schrieb die WSL. Seine Dichte ähnelte flüssigem Beton, dabei transportierte er aber sehr viel Holz. Dies sei typisch für einen ersten Murgang nach dem Winter. Das ganze Ereignis dauerte rund 30 Minuten.

Für Gefahrenkarten und Schutzbauten

Dank der verbesserten Messanlage wollen WSL-Forschende untersuchen, wie gross die Reibung während eines Murgangs ist und wie sie sich im Verlauf des Ereignisses ändert. Dies soll helfen, das Fliessverhalten von Murgängen noch besser zu verstehen und es auch für Orte zu berechnen, wo keine Messinstrumente vorhanden sind.

Die Messdaten sollen auch Fachleute dabei unterstützen, Gefahrenkarten zu optimieren, sowie Schutzbauwerke und -massnahmen optimal zu gestalten. So raten die Forschenden beispielsweise dazu, Warnsysteme wie im Unterlauf des Illgrabens zu installieren: Dort warnen Sirenen und Warnblinklampen, wenn Messgeräte im Oberlauf einen neu entstandenen Murgang erfassen. (sda)