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Forschungspreis

Renommierte Auszeichnung für Nicolas Thomä

Der Strukturbiologe Nicolas Thomä wird mit dem Otto Naegeli-Preis 2022 geehrt. Der Preis gilt als eine der bedeutendsten wissenschaftlichen Auszeichnungen in der Schweiz und ist mit 200'000 Franken dotiert.
Bild: Keystone/Christian Beutler

Nicolas Thomä vom Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research (FMI) beschäftigt sich in seiner Forschung insbesondere mit dem Abbau von krankheitsverursachenden Proteinen, wie das FMI am Dienstag mitteilte. Er und sein Team zeigten auf, wie einige kleine Moleküle als "molekulare Klebstoffe" zum gezielten Proteinabbau beitragen. Besonders interessiert sich Thomä für den Klebstoff Thalidomid, dessen Funktionsweise er und sein Team auf molekularer Ebene entschlüsselt haben.

Die positive Wirkung von Contergan

Thalidomid erlangte unter dem Markennamen Contergan traurige Berühmtheit: Ab 1957 wurde das Medikament gegen Schwangerschaftsübelkeit eingesetzt. Anfang der 1960er Jahre stellte sich heraus, dass es bei Neugeborenen zu Schädigungen geführt hatte, woraufhin es vom Markt genommen wurde. Später erfuhr der Wirkstoff eine Renaissance im Kampf gegen verschiedene Formen von Blutkrebs. Denn Contergan kann krankheitsauslösende Proteine als Müll markieren und zum Abbau freigeben, was die Krebszellen absterben lässt.

Das Medikament kann allerdings auch mit Proteinen interagieren, die während der embryonalen Entwicklung im Mutterleib wichtig sind - worin vermutlich die Ursache der Fehlbildungen liegt.

Neue Therapeutika

Der offengelegte Wirkmechanismus von Contergan ist nach Ansicht von Thomä wegweisend für die nächste Generation von Therapeutika. Die Erkenntnisse würden es auch ermöglichen, sowohl unerwünschte Nebeneffekte von Medikamenten zu erkennen und zu minimieren, als auch mehrere krankmachende Proteine gleichzeitig mit einem Medikament anzugreifen.

Das Preisgeld möchte Thomä denn auch nutzen, um eine neue Generation von Medikamenten zu entwickeln, die auf dem molekularen Kleber-Prinzip aufbauen, wie er der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage mitteilte. Denn viele Proteine, die hinter Krankheiten wie Krebs, kardiovaskulären Erkrankungen oder Diabetes stünden, liessen sich mit traditionellen Methoden noch nicht angehen.

Der 50-jährige Deutsche ist seit 2006 am Friedrich-Miescher-Institut tätig. Zuvor forschte er an der Universität von Cambridge, am Max Planck Institut für molekulare Physiologie in Dortmund und am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York City.

Die Preisverleihung findet am 14. Juni im Biozentrum der Universität Basel statt. Alle zwei Jahre vergibt die Stiftung Otto Naegeli den an herausragende Persönlichkeiten der medizinischen Forschung. Der Preis wurde im Gedenken an den Zürcher Forscher und Lehrer für Innere Medizin, Otto Naegeli (1871 - 1938), gestiftet. (sda)