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Deutschland

Unvorstellbare Taten in Missbrauchsfall

In einem neuen schweren Kindesmissbrauchsfall hat die Polizei Münster elf Verdächtige festgenommen. Sieben Beschuldigte befinden sich in Untersuchungshaft. Drei Kinder wurden als Opfer identifiziert, wie die Ermittlungsbehörden am Samstag in Münster mitteilten.
In einem neuen deutschlandweiten Missbrauchsfall hat die Polizei drei Kinder als Opfer identifiziert. Elf Tatverdächtige wurden festgenommen. (Symbolbild)
Bild: Keystone/CHRISTOF SCHUERPF

Der Hauptbeschuldigte ist ein 27-Jähriger aus Münster. Bei den sechs weiteren, gegen die Haftbefehl erlassen wurde, handle es sich um dessen Mutter sowie um Männer aus Staufenberg bei Giessen, Hannover, Schorfheide in Brandenburg, Kassel und Köln. Die Ermittler hätten "unfassbare" Bilder sehen müssen, sagte der Leiter der Ermittlungen, Joachim Poll.

Mindestens vier der Männer sollen wechselweise einen 5- und einen 10-Jährigen Jungen in einer Gartenlaube in Münster über Stunden schwer sexuell missbraucht und die Taten teils gefilmt haben. Die Mutter des Hauptbeschuldigten sei Nutzerin der Hütte; sie soll ihrem Sohn die Schlüssel überlassen und den sexuellen Missbrauch der Kinder in Kauf genommen haben.

Bei den beiden Opfern handelt es sich laut den Ermittlern um den 10-jährigen Sohn der Lebensgefährtin des Münsteraners und um den 5-jährigen Sohn des Beschuldigten aus Staufenberg. Das habe die Auswertung einer bereits gelöschten Festplatte ergeben, die die Ermittler versteckt in einer Zwischendecke gefunden hätten, sagte Poll.

Beim dritten Opfer handelt es sich den Ermittlern zufolge um den 12-jährigen Neffen des Beschuldigten aus Kassel. Dieser soll den Jungen missbraucht haben, wie aus sichergestellten Daten des 27-jährigen Münsteraners hervorgehe.

Hochprofessionell verschlüsselt

In einem Keller in Münster habe man einen komplett eingerichteten, klimatisierten Serverraum gefunden. Er sei dem 27-jährigen Tatverdächtigen zuzurechnen, einem IT-Techniker, sagte Poll. Das Speichervolumen der sichergestellten Daten liege nach ersten Erkenntnissen bei über 500 Terrabyte. Poll sprach von mehreren Hundert Asservaten an gefundener IT-Technik. Die Datenträger seien hochprofessionell verschlüsselt worden.

Den Ermittlern sei es bis heute nicht gelungen, alle Daten zu entschlüsseln. Poll sprach von aufwendigen, kniffligen und mit viel Technik verbundenen Ermittlungen. Der 27-Jährige aus Münster sei in einem landwirtschaftlichen Betrieb im Kreis Coesfeld für die IT-Technik tätig gewesen.

Ausgangspunkt der Ermittlungen sei ein Verfahren aus dem Jahr 2018 gewesen; damals habe eine unbekannte Person Daten mit Kinderpornografie übers Internet angeboten. Über eine ermittelte IP-Adresse habe die Spur zu dem landwirtschaftlichen Betrieb im münsterländischen Kreis Coesfeld geführt.

Mehrere grosse Missbrauchsfälle

Nordrhein-Westfalen war seit Anfang 2019 wegen mehrerer Fälle von schwerem sexuellem Missbrauch von Kindern in die Schlagzeilen geraten. Auf einem Campingplatz in Lügde im Kreis Lippe hatten mehrere Männer Kinder hundertfach über Jahre schwer sexuell missbraucht. Ermittlungen zu einem bundesweiten Kinderpornografie-Tauschring hatten im Oktober 2019 in Bergisch Gladbach bei Köln begonnen und erstrecken sich mittlerweile auf sämtliche Bundesländer.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hatte nach dem Fall Lügde das Thema Kindesmissbrauch zur Chefsache erklärt und die Arbeit der Ermittlungsbehörden in diesem Bereich verstärkt. (sda/dpa)