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Astronomie

InSight: Der Mars bebt häufig, aber sachte

Die Mars-Sonde Insight der Nasa erforscht seit November 2018 das Innere unseres Nachbarplaneten. Nun berichten Forschende in einer Reihe von Fachartikeln über erste Erkenntnisse der Mission: Der Mars ist demnach seismisch erstaunlich aktiv.
Das Seismometer "SEIS" unter seiner Schutzhaube auf der Marsoberfläche. Seit seiner Inbetriebnahme hat es 450 Marsbeben aufgezeichnet.
Bild: KEYSTONE/AP

Insgesamt 450 Marsbeben hat das Seismometer "SEIS" des InSight-Landers seit seiner Inbetriebnahme auf dem Roten Planeten aufgezeichnet. Im Durchschnitt stellt der "Marsbebendienst" an der ETH Zürich etwa ein Ereignis pro Tag fest, wie die ETH am Montag mitteilte. Das hochempfindliche Instrument, an dem ETH-Forschende massgeblich beteiligt sind, übertrifft alle bisherigen Erwartungen: Es sind die leisesten seimischen Daten, die bisher in unserem Sonnensystem aufgezeichnet wurden, wie die ETH schrieb.

Mit den Daten über die Form und Ausbreitung der seismischen Wellen - und Messdaten anderer Instrumente der stationären Marssonde InSight - wollen die Wissenschaftler die innere Struktur und Beschaffenheit des Mars besser verstehen - und damit auch seine Geschichte.

Am Montag veröffentlichten die Forschungsteams der InSight-Mission ihre Erkenntnisse aus den ersten Monaten in einer ganzen Reihe von Fachpublikationen in den Magazinen "Nature Geoscience" und "Nature Communications". Darunter auch das "SEIS"-Team um Domenico Giardini von der ETH und Philippe Lognonné vom Institut de Physique du Globe de Paris, die in zwei Artikeln über die seismische Aktivität des Roten Planeten berichten.

Wenige starke, viele schwache Beben

Die Analysen beziehen sich auf Marsbeben aus den ersten zehn Monaten der Mission. 174 Ereignisse hatte das Instrument bis Ende September 2019 aufgezeichnet.

Demnach lassen sich die Beben in zwei Kategorien einteilen: 24 der Erschütterungen hatten eine vergleichsweise hohe Magnitude zwischen 3 und 4. Ihre niederfrequenten Wellen breiten sich durch den Marsmantel aus, wie die ETH schrieb. Die übrigen 150 hatten im Vergleich dazu kleinere Magnituden und höherfrequente Wellen, die an der Oberfläche - in der Marskruste - gefangen blieben.

Die direkte Umgebung des InSight-Marslabors in der Region Elysium Planitia ist seismisch ruhig, wie die Daten bestätigten. Für zwei der stärkeren Beben konnten die Wissenschaftler den Ursprung jedoch in der Region Cerberus Fossae bestimmen, einem tektonischen Grabensystem etwa 1500 Kilometer vom Landeplatz der Insight-Sonde entfernt. Diese Beben liefern Hinweise auf vulkanische und seismische Aktivität in jüngerer Vergangenheit.

Mischung aus Erd- und Mondbeben

Marsbeben ähneln auf der einen Seite Beben auf der Erde, haben allerdings kleinere Magnituden. Andererseits weisen sie auch ähnliche Eigenschaften auf, wie sie bereits während der Apollo-Ära auf dem Mond beobachtet wurden, liess sich Giardini in der ETH-Mitteilung zitieren. "Sie dauern lange (10 bis 20 Minuten), da ihre Wellen aufgrund von Eigenheiten der Marskruste stark streuen." Die gesamte freigesetzte seismische Energie des Mars liegt zwischen der der Erde und der des Mondes.

Das Seismometer "SEIS" (Seismic Experiment for Interior Structure) kann insbesondere in den ruhigen Nachtstunden auf Marsbeben lauschen. Tagsüber zeichnet es auch jede Menge anderer Erschütterungen auf. Das Aufheizen und Abkühlen im Tag-Nacht-Wechsel beispielsweise verzieht das Material des Instruments und wird als "Dinks und Donks" hörbar. Vor einigen Monaten veröffentlichte die amerikanische Raumfahrtagentur Nasa Hörbeispiele.

Hilfreiche Störgeräusche

Auch der Wind, der vor allem tagsüber dem Seismometer "um die Ohren" bläst, schüttelt den InSight-Lander mit seinen Instrumenten und verursacht Geräusche. Insbesondere nachmittags ziehen Wirbelwinde (Staubteufel) an dem Marslabor vorbei. Diese Störgeräusche sind aber alles andere als wertlos: Sie flossen mit Messungen anderer Instrumente in die Untersuchung meteorologischer Phänomene ein.

Daneben zeichnete "SEIS" auch das Hämmern der Wärmeflusssonde "HP3" auf, dem auch "Marsmaulwurf" genannten Bohrroboter, der allerdings auf dem Weg in die Tiefe steckenblieb. Aus den gesammelten Daten konnten die "SEIS"-Forschenden ableiten, wie der direkten Untergrund des Seismometers aussieht: Dieser besteht demnach aus einer sandigen Schicht von wenigen Metern Tiefe, die in der Mitte eines 20 Meter grossen alten Einschlagskraters liegt. In grösserer Tiefe hat die Marskruste ähnliche Eigenschaften wie die kristallinen Grundgebirge der Erde, scheint aber stärker zerklüftet zu sein.

Mit zahlreichen wissenschaftlichen Instrumenten soll InSight ("Interior Exploration using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport") während mindestens zwei Jahren das Innere des Mars erforschen. (sda)