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KKL Luzern

Zusammen mit den Festival Strings Lucerne gibt Khatia Buniatishvili tiefe Einblicke

Die Starpianistin Khatia Buniatishvili zeigte mit den Festival Strings Lucerne viele Gesichter. Standing Ovations gab es auch für das spezielle Jubiläum des Orchesters.

Poesie vor dem Sturm: Khatia Buniatishvili mit den Festival Strings Lucerne im Konzertsaal des KKL.
Bild: Fabrice Umiglia

Wenn Khatia Buniatishvili auftritt, ist bei Konzertbesuchern die Frage nach der Garderobe ebenso ein Thema wie das Werk, das sie spielt. Denn die aus Georgien stammende Pianistin wurde ebenso mit ihren extravaganten Kleidern wie mit ihrer stupenden Virtuosität zu einer Künstlerin, die ein Publikum über die Grenzen der Klassik-Fangemeinde anzieht. Das schrieben die Festival Strings Lucerne zu ihrem Konzert am Dienstag im Konzertsaal des KKL.

In diesem setzte Buniatishvili allerdings gegenteilige Akzente. Tief blicken liess nicht ihr hochgeschlossenes schwarzes Glitzerkleid, sondern ihre Interpretation von Mozarts Klavierkonzert in A-Dur KV 488. Das war umso überraschender, als die Musik des Wiener Klassikers kaum den Auslauf bietet, zu dem Buniathisvilis Virtuosität immer auch hindrängt.

Solistin mit vielen Gesichtern

Eine passende Einstimmung dazu bot das Orchester zu Beginn mit einer Fassung von Ravels Streichquartett in einer Fassung für Streichorchester: ein Stück, das mit seidig schimmernden Klängen und schwebenden Melodien nur punktuell dramatische Zuspitzung verlangt und die Klangkultur des Orchesters betörend vorführte.

Auch wenn das Orchester, mit Bläsern verstärkt, im Konzert von Mozart auch sinfonisch auftrumpfte, schloss dessen Wiedergabe unmittelbar beim diskreten Charakter des Eröffnungsstücks an. Das galt auch und vor allem für die Solistin: Buniatishvili liess den Solopart filigran perlen, steigerte ihn mehr erregt als dramatisch zu Leuchtkraft und zügelte die Kraftentfaltung selbst da, wo abstürzende Bässe eine solche nahelegten. Lediglich in der Kadenz deuteten sich die Gewitter an, die noch kommen sollten.

Umso berückender dann das Wunder des langsamen Satzes. Die Grundlage dafür legte das Orchester mit einem transparenten Silberglanz, wie man ihn von Originalklangensembles kennt. Buniatishvili fügte sich da ein mit einem Ton, der bis ins äusserste Pianissimo hin seinen Wohlklang bewahrte und die Musik mit feinsten Nuancen eindringlich zum Sprechen und zum Sinnieren brachte. Im Zusammenspiel mit den Holzbläsern verzichtete sie ganz auf ihren Solistenstatus und wurde zur Kammermusikpartnerin des Orchesters.

So erlebte man eine Künstlerin mit unterschiedlichen Gesichtern. Die grosse Geste, mit der sie schon im ersten Satz die Aufschwünge ans Ensemble weiterreichte, setzte sie erst im Finale selber am Flügel um. Aber wenn da die Bässe auch einmal aufstampften, hielt sie klug Mass, legte dieses erst in der Zugabe ab und bot in der zweiten ungarischen Rhapsodie von Liszt jene wild entfesselte Pianistik, die das Publikum von ihr auch erwartet. Obwohl dadurch die Mozart-Poesie wie weggefegt wurde, steigerte sich der Publikumsapplaus frenetisch zu ersten Standing Ovations.

Jubiläum für eine neue Ära

Die zweiten Standing Ovations galten dem Orchester selber. Dieses bestätigte mit Mozarts Sinfonie nach der «Haffner-Serenade» nochmals seine Kompetenz in diesem Stilbereich. Der energische Schwung in den sprühenden Ecksätzen und die barocke Phrasierung im Andante verbanden sinfonische Prachtentfaltung mit kammermusikalischer Feinarbeit. Und zeigten damit, dass das Orchester vor zehn Jahren die Weichen für die Zukunft richtiggestellt hatte.

Denn seither spielen die Strings ohne Dirigent unter der Leitung von Konzertmeister Daniel Dodds. Geschäftsführer Hans Christoph Mauruschat bedankte sich bei ihm mit einem Blumenstrauss für dessen «Aufbauarbeit». Tatsächlich überwanden die Strings erst in der Teamarbeit mit ihm die Stagnation, in die das Kammerorchester in den letzten Jahren unter Mitbegründer Rudolf Baumgartner geraten war.

Das Programm war ein Leistungsweis für diesen Aufschwung, indem es mit Ravel die Streichertradition des Orchesters und mit Mozart dessen geschärftes stilistisches Profil dokumentierte. Dazu hätte als Zugabe ein Satz aus der «Haffner-Serenade» gepasst, die die Strings eben auf CD herausgegeben haben und in der Daniel Dodds einen grossen Auftritt als Solist hat. Tarregas «Recuerdos de la Alhambra», das kürzlich die Geigerin María Dueñas in einem Konzert des Luzerner Sinfonieorchesters gitarristisch-leicht hingezaubert hatte, passte als Alleingang nicht so recht zum Teamgeist dieses Orchesters. Auch ihm galt dagegen die letzten Standing Ovations der über 1300 Besucher im Konzertsaal.

Aktuelle CD der Festival Strings Lucerne: «Haffner-Serenade» (Sony)

Khatia Buniatishvili tritt das nächste Mal in Luzern am Klavierfestival des Luzerner Sinfonieorchesters auf (10. Februar 2023, drittes Klavierkonzert von Rachmaninow).

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