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Hollywood: Pitts Pinsel    

Zeig' mir Deine Töpferscheibe - wie Brad Pitt sich selbst kuriert hat

Nick Cave ist sein Zeuge: In seiner ersten Ausstellung hat der Schauspieler Brad Pitt für sich beschlossen, ich bin jetzt auch ein Bildhauer. Dass seine Kunst ein Draufhauen ist, ist wohl wahr. Aber die Zweitkarriere wirf Fragen auf.  

Er gewinnt immer. Ausser er verliert. Wie im Rosenkrieg mit Jennifer Aniston und Angelina Jolie, der habsüchtigsten Ex seit Erfindung dieser Rolle durch die Yellow Press in Hollywood. Doch auch Jolie und ihre Gier auf alles, was sich beim Paar Brangelina so angesammelt hat – Schlösser, Weine, Kinder – , trug im Grunde nur dazu bei: Brad Pitt gilt heute als einer der begehrtesten (offiziellen) Singles. Er ist aus dem Ascheregen, den das zwar humanitär tätige, privat aber gewiss kalte Biest über ihn ausspuckte, als Gewinner hervorgegangen.

Pitt, der Begehrte, ist nun sogar um eine Attraktion begehrlicher: Der Actionheld seines eigenen Lebens gilt (offiziell) nicht nur als trocken, er hat sich als Künstler geoutet! Das wird ihm nicht schwergefallen sein, er ist, wenn es um Beichten geht, geeicht. Er hat vor laufender Kamera über seine Drogensucht gesprochen, seine Wutausbrüche und seine kurze Lunte in Beziehungs- krisen.

Der Star erleichtert sich an der Waffe

Brad Pitt zeigt in einem Privatmuseum in Tampere erstmals seine Kunst. Zu sehen sind lange Reliefs, die an Kriegsverbrechen erinnern, Hausfassaden mit Menschenkonturen, durchsiebt von Gewehrsalven. In diesem Fall lud Pitt seine Waffe(n) höchstpersönlich nach, und man darf sich vorstellen, wie er seine Aggression in die Hauswand beziehungsweise in die Menschenkörper ballerte. «Schiessbilder» heissen ähnlich motivierte Werke, die Niki de Saint Phalle im Kunsthaus Zürich zeigt. Abrechnungen. Der Schauspieler stand für seine Opfer selbst Modell. Und sein Werktitel seufzt bitterlich: «Aiming At You I Saw Me But It Was Too Late This Time.» Ausgedeutscht heisst das ungefähr: «Ich wollte mich erschiessen, habe dann aber Dich mit mir verwechselt, soll nicht wieder vorkommen.» Interessant seine Reflexion, dass er im Anderen oft sich selbst sieht. Das nennt man wohl Kunsterkenntnis.

Nach seiner Trennung von Angelina Jolie nahm Brad Pitt Malunterricht, berichtet die «Sun». Er soll sich in seinem Anwesen in Los Angeles ein Atelier eingerichtet haben. Dort trifft er sich regelmässig mit seinem Kumpel Leonardo DiCaprio – zum Kneten feuchter Erde. Ein Zirkel wie die AA im Haus Pitt also, die Anonymen Alkoholiker; nur handelt es sich bei dieser Therapiegruppe um anonyme Künstler.

In einem Interview mit der finnischen Presse gestand Pitt nun: seine neue Abhängigkeit von Töpferscheiben, dem Giessen von Särgen und dem Herstellen von holzähnlichen Holzfällerarbeiten. Einmal Junkie, immer Junkie.

Als Neo-Künstler stellt er sargähnliche Quader her, aus welchen die begrabenen Bedürfnisse seiner Bewohner lugen sollen. Man kann nicht genau erkennen, welche Notwendigkeiten aus Sicht des Künstlers mit den Menschen zu Grabe getragen werden und also ungelebt unter die Erde kommen. Vielleicht ist ja auch ein Pinsel dabei oder eine Flasche Whiskey. Brad Pitt jedenfalls hat nach Jolies Schlammschlacht für sich entdeckt, dass Kunst ein Weg zur Heilung sei. «Ich war brutal ehrlich mit mir selbst und habe in den Skulpturen verarbeitet, was ich in meiner Beziehung falsch gemacht habe.» In Tampere steht sein Werk zwischen jenem eines Freundes, der offensichtlich auch den therapeutischen Wert von Kunst für sich entdeckt hat: der australische Musiker Nick Cave – in seiner neuen Bestimmung als Keramiker.

Man könnte den Umstand der unheiligen Künstlervermehrung unter Hollywoodstars unkommentiert ad acta legen, wäre da nicht ein Umstand, der aufstösst. Es gab einmal (gibt es noch immer?) das Schmähwort «Hausfrauenkunst». Es subsumiert alles, was Frauen mit vermeintlich zu viel Zeit und zu viel Geld (für Klubschule-Migros-Kurse) in ihren heimischen Wohnzimmern hervorbrachten. Selbstverwirklichung oder Ähnliches. «Hausfrauenkunst» war dazu da, verlacht zu werden.

Wo aber liegt der Unterschied zwischen der «Hausfrauenkunst» von gestern und der «Hollywoodkunst» von heute? Nur in einem Punkt: im Irrglauben, dass alles, was ein Mensch mit Star-Geruch in die Hand nimmt, von Starqualität und Bedeutung sei.

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