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Theaterpremiere

Winkelwiese inszeniert "Geisterspiel"

"Geisterspiel" erzählt die Geschichte von zwei angejahrten Deutschschweizern mit gescheiterten Fussballkarrieren. Das Theater an der Winkelwiese in Zürich hat das Mundart-Stück von Andri Beyeler und Martin Bieri am Samstag uraufgeführt.
Das Theater an der Winkelwiese in Zürich hat das Stück "Geisterspiel" von Andri Beyeler und Martin Bieri am 19. Januar 2019 uraufgeführt. Die Hauptrollen spielen Peter Rinderknecht (l) und Hans Rudolf Spühler (r).
Bild: Ingo Höhn / Winkelwiese

Sie haben das gleiche Reiseziel, der zu früh pensionierte Materialwart des Fussballverbandes (Peter Rinderknecht) und der Spielerberater (Hans Rudolf Spühler): ein Spiel der U21 auf Malta.

Der eine ist Melancholiker, en liebe Siech, der andere ein Geizkragen und grossmaulig, der eine fährt Töffli, der andere Mercedes. Ihr Leben ist der Fussball, immer noch, obwohl sie es in dieser Sparte auf keinen grünen Zweig gebracht haben. Darüber reden sie gemeinsam aneinander vorbei, bis sie am Schluss mit ihren Miseren doch noch so etwas wie Freunde werden.

Das Meer als "Tor zur Wält"

Im Gasthof auf dem Gotthard lernen sie sich kennen. Die österreichische Beizerin (Ruth Schwegler) erweist sich mit ihren Gesprächsfetzten als profunde Fussballkennerin. Leuchtend rot zeichnet eine lange Neonschnur das Gebirge in den Himmel (Bühne und Kostüme: Beni Küng). "Würklich imposant, die Bärgchette", schwärmt der Berater zu heimatlichen Klängen der E-Gitarre von Sandro Corbat, steigt in seinen Mercedes und fährt ab. Seine Rechnung zu bezahlen überlässt er, seinem Naturell entsprechend, dem anderen.

In Chiasso, der nächsten Station, übernachten sie im gleichen Hotel mit Balkonblick auf ein Fussballspiel. Dann verläuft die Neonschnur grün und flach, wie die Poebene halt so ist, später am Strand in Genua leuchtet sie meeresblau.

Das Meer sei das "Tor zur Wält", sinniert der Berater. Das Bild passe, "grad au i mim professionelle Umfäld". Immer habe er so gehandelt, "wie wenn dä Vertrag scho im Trochne wär". "Du häsch uf all Fäll Pfupf im Arsch", sagt der Materialwart. Er hat den Spielern, so seine Beteuerung, auch immer "en chliine Schupf geh". "Sind alli dur mini Händ. Wenigschtens iri Schue." Wenig Trost für "zwei sentimentali Galgevögel", die es in der Welt der Fussballgötter zu nichts gebracht haben.

Absurd und poetisch

Vieles, was die beiden sagen, hat absurde, alltagsphilosophische, mitunter auch lyrisch-poetische Qualitäten. Unter der Regie von Manuel Bürgin gelingt es Peter Rinderknecht und Hans Rudolf Spühler, die mitunter auch amüsanten Sprachspielereien mit Leben zu füllen.

Das ist die Stärke des Stücks. Zwischendurch lassen die Autoren aber auch Historisches einfliessen, die Schlacht bei Marignano von 1515 etwa oder der Verrat von Novara von 1500, als Schweizer Söldner gegeneinander kämpfen sollten.

Ein schwuler Gymnasiallehrer (Andri Schenardi mit schöner Stimme) philosophiert darüber. Davon versteht der Berater nichts. Es interessiert ihn auch nicht, und man versteht ihn gut. Wenn das Schweizer Söldnerwesen heute noch eine Bedeutung hat, dann im Fussball, findet er. Das lässt sich nachvollziehen.

Verfasser: Karl Wüst, ch-intercultur (sda)