Die Brasserie Lorraine in Bern kennt man seit dem Sommer in der ganzen Schweiz. Dort wurde ein Konzert der Band Lauwarm abgebrochen, weil sich einige Personen wegen angeblicher kultureller Aneignung plötzlich «unwohl» fühlten; einige weisse Lauwarm-Musiker tragen Rastas. Und kürzlich machte die Lorraine Schlagzeilen, weil dort Soldaten aus dem Lokal gewiesen wurden, da die Brasserie-Crew Uniformen nicht mag.
Diese Vorkommnisse gaben auch in Bundesbern zu reden. Eine kleine, informelle Delegation der SVP hat kurz vor Ende der Herbstsession beschlossen, der Beiz einen Besuch abzustatten. «Wir wollten mit den Betreibern ins Gespräch kommen, um mehr über die Hintergründe der jüngsten Episoden zu erfahren», sagte Parteileitungsausschuss-Mitglied Thomas Matter gegenüber nau.ch. Ihn begleiteten die Nationalräte Mike Egger aus St. Gallen, Erich Hess aus Bern und Fraktionsschef Thomas Aeschi aus Zug.
«Weil wir Rassisten seien»
Doch aus dem Feierabendbier zur politischen Weiterbildung im alternativen Berner Lokal wurde nichts. Die SVP-Truppe sei ignoriert worden, obwohl er freundlich gefragt habe, ob man eine Bestellung aufgeben könne, so Matter weiter. «Die Kellnerin meinte, sie wollen uns nicht bedienen, weil wir Rassisten seien.» Als er sie nach konkreten Beispiele gefragt habe, habe die Kellnerin auf die Burka-Initiative verwiesen. «Da wurde es uns dann zu bunt und wir sind gegangen», erklärt Matter.
Der Zuger Nationalrat Thomas Aeschi wollte auf Anfrage der Luzerner Zeitung nichts zum verwehrten Feierabendbier sagen, er verwies auf wichtigere politischen Themen, über welche die Medien stattdessen berichten sollten.
«Sie predigen Toleranz, sind aber selber die Untolerantesten»
Laut Erich Hess sei es keinesfalls als Provokation gedacht gewesen, dass die SVP-Politiker ausgerechnet die Brasserie Lorraine aufgesucht hätten. «Meine Kollegen hatten bisher immer nur von dieser Beiz gelesen, sie wollten sich nun selber einmal ein Bild davon machen. Als wir nicht bedient wurden, gingen wir halt in eine anderer Lokal im Lorraine-Quartier.» Und was sagt Hess dazu, dass ihm und den seinen in der Brasserie Lorraine ein Bier verwehrt wurde? «Diese Kreise predigen immer Toleranz, sind aber selber wahrscheinlich die Untolerantesten, die ja nicht einmal eine andere Meinung tolerieren.»
Sein Kollege Mike Egger hat ähnliches empfunden: «Ich habe es als diskriminierend erlebt, dass man uns dort nicht bedienen wollte. Es ist lächerlich, wenn man uns in die Ecke des Rassismus schieben will.» Egger sagt weiter:
«Das ist Rassismus gegenüber der SVP.»
Auf Anfrage wollte man in der Brasserie Lorraine die Vorkommnisse nicht kommentieren.