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Tatort-Kolumne

Unter der Brücke in Saarbrücken gilt: Spiel mir das Lied vom  Aufstieg!

Vor dem Hintergrund der real existierenden Sozialmisere in Saarbrücken ist die dunkle Story «Die Kälte der Erde» im neuen Tatort ein starke Stück. Ein Industrie-Western nicht für Sensibelchen.  

«Tatort Saarbrücken – Die Kälte der Erde». So, 20.05, SRF 1.
Bild: Das Erste

Saarbrücken ist «spitze». Das weiss jeder, der diesen «Tatort» hinter sich hat: Die Metropole an der Saar belegt auf der Liste der hässlichsten Landeshauptstädte Deutschlands den Spitzenplatz. Zugemüllte Innenhöfe, Industrieruinen, Brachland mit Stadtautobahn. Sämtliche gescheiterten zivilisatorischen Glücksversprechungen aus Saar­brücken versammelt auch diese Folge und reibt damit potenziellen Besuchern unter die Haut: «Bleibt bloss weg!»

Da sind sie aber, und da leben sie: verfeindete Hooligan-Gruppen, gewaltbereite Fussballfans, sozial verelendete Alleinerziehende. In ihrem Milieu angesiedelt ist der Krimi von Melanie Waelde, und kein Wunder, ermitteln die vier jungen Hauptkommissarinnen und -kommissare nervlich auf dünnem Eis und im Clinch mit ihren Gefühlen. Die Freunde Leo Hölzer (Vladimir Burlakov) und Grenzgänger Adam Schürk (Daniel Strässer) stecken knietief in einer Vertrauenskrise.

«Industrie-Western» nennt die Regisseurin Kerstin Polte ihren ersten Tatort. Doch die Ironie des Begriffs beschönigt die Fakten. Das soziale Elend wird jedenfalls nicht telegener, wenn man weiss, dass es der Realität entspricht. Diesen Donnerstag wurden die neusten Zahlen publik, die besagen, die Armutsquote von Saarbrücken ist mit 47 Prozent Armutsbetroffenheit bei Kindern und Jugendlichen rekordhoch.

Vor dem Hintergrund der real existierenden Sozialmisere ist die dunkle Story um Gewalt und Gegengewalt ein hartes Stück. Dass die Ermittler an ihm scheitern, recht so: Happy Ends wohnen im Saarland nicht.

«Tatort Saarbrücken – Die Kälte der Erde». So, 20.05, SRF 1.
Wir geben zwei von fünf Sternen.

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