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Im Schaukasten

Museumstipp: Das interaktive Schuhmuseum Lausanne ist familiär und wird von engagiertem Ehepaar geführt

Bildschirme und Knöpfe hat es keine, und der Raum ist so klein, dass nur knapp eine Schulklasse darin Platz findet. Doch auf diesen paar Quadratmetern wird eine kleine Geschichte der Menschheit erzählt.

An den Wänden stehen Regale voller Schuhe aus den letzten fünftausend Jahren, dazu einige traditionelle Schuhmacherwerkzeuge. Und mittendrin Serge Volken, der das Museum mit seiner Frau Marquita in den Neunzigern eröffnet hat. Seine Erklärungen und Erzählungen erwecken das Museum zum Leben, füllen den Raum mit Geschichten, machen jeden Schuh zu einem offenen Buch, das von der Kultur, von der Mode, von den Lebensgewohnheiten der entsprechenden Zeit erzählt, und manchmal auch von der Natur.

Da ist zum Beispiel der Schuh aus der Jungsteinzeit, der im Schnidejoch – einem Pass zwischen den Kantonen Bern und Wallis – im Hitzesommer 2003 zum Vorschein gekommen ist. Das heisst, eigentlich waren es nur Lederfetzen – doch Marquita und Serge Volken gelang es, den Schuh zu rekonstruieren. Zuerst erstellten sie ein Modell aus Papier, danach nähten sie mit den Mitteln von damals – Sehnen und Knochenahlen – den Schuh aus Kalbs­leder.

Ein Fragment einer Lederhose, die an derselben Stelle gefunden wurde, ist laut Volken mittels DNA-Test einer Ziege zugeordnet worden, die heute nur noch in Laos lebt. Offenbar streifte sie einst durch die Alpen und wurde von unseren Ahnen gejagt.

Während damals allein die praktischen Aspekte die Schuhform prägten, tauchen im Mittelalter plötzlich spitz zulaufende Schuhe auf. Nun musste nicht mehr nur der Fuss, sondern auch der Schuh geschützt werden. Um mit den eleganten Modellen sicher durch die schmutzigen Gassen der mittelalterlichen Städtchen zu kommen, wurden hölzerne Unterschuhe angeschnallt. Aus ihnen entstand ein Modetrend, der sich in allerlei Ausprägungen über die Jahrhunderte hielt: High Heels.

Die Schuhwissenschaft ist die grosse Leidenschaft des Ehepaars Volken. Einen grossen Teil machen sie ehrenamtlich, doch auch für bezahlte Forschungsmandate werden sie angefragt. Sie hat einen Doktortitel in Archäologie, er ist der Spezialist für Lederbearbeitung und Kommunikation.

Die Museumsführungen bietet Serge Volken übrigens nicht nur in Deutsch und Französisch an, sondern auch in diversen anderen Sprachen. Einem elektronischen ­Audioguide steht er damit in nichts nach. Im Gegenteil – er geht auf die Fragen und Interessen der Besucherinnen und Besucher ein. Wahrhaft interaktiv.

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