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Albumrelease

Hello Cleveland: Lieferdienst statt Konzert

Ein schöneres Datum für die Veröffentlichung ihrer Debüt-EP "Eleven" hätte das Bieler Duo Hello Cleveland nicht finden können: "12.02.2021" sieht nicht nur auf dem Plakat gut aus, es ist auch der Geburtstag von Frontmann Mathias Schenk und Drummer Thomas Züttel.
Geburtstag und Releasedatum zusammen: Am 12. Februar erscheint "Eleven", die Debüt-EP des Bieler Duos Hello Cleveland.
Bild: Keystone

Dass die Plattentaufe, die gleichzeitig eine rauschende Doppelgeburtstagsparty hätte werden sollen, nie steigen wird, ist den beiden Musikern und langjährigen Freunden nicht erst seit gestern klar. Dennoch haben sie die "wunderschönen handgemachten, gesiebdruckten Einladungen" verschickt, wie Mathias Schenk im Interview mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagt. Allerdings mit Beipackzettel. Einem Hinweis darauf, dass sie die Platten am Releasetag in der Region Biel stattdessen - ganz coronakonform - mit Lastenvelos ausliefern würden.

Hello Cleveland tragen die unerwünschte Planänderung mit Fassung. "Weit schlimmer wäre gewesen, wenn wir die Feier wegen eines Herzinfarkts hätten absagen müssen", so Schenk. Zum ersten Mal helfe ihm ein Spruch, den er eigentlich ganz schön nervig findet: Geteiltes Leid ist halbes Leid. "Wir sind ja nun bei weitem nicht die einzigen, denen es so ergeht."

Dazu kommt, dass Hello Cleveland auch vor der Corona-Pandemie nicht häufiger als sporadisch aufgetreten sind, wie der Bieler erzählt. Die Band sei vor rund zehn Jahren aus Lust an der "rohsten Form von Rock" heraus entstanden. Ohne Karrierepläne, eher mit der Absicht, "zu schauen, was in dem Bereich zu zweit so möglich ist".

Für den Sänger, der zu normalen Zeiten ausserdem solo als Matchenko und als Frontmann der Rockband Death by Chocolate auf der Bühne steht und seit Januar bei SRF3 moderiert, ist sie ein Nebenprojekt. Auch Schlagzeuger Tom Züttel spielt in einer weiteren Band (Eaglewow).

Blöder wahrer Spruch

Thomas Züttel (Jahrgang 1984) und Matthias Schenk (1987) sind beide in und um Biel aufgewachsen. Kennengelernt haben sie sich vor 15 Jahren, an einem 12. Februar, in einer Bieler Bar. Sie fanden heraus, dass sie nicht nur den Geburtstag, sondern auch den Musikgeschmack teilen. Und irgendwann verabredeten sie sich im Bandraum.

"Es ist schon geil, unter solchen Umständen gemeinsam Musik zu machen", sagt Schenk. Überhaupt geniesse er die Duo-Konstellation. Er vergleicht sie mit Autofahren: "Umso grösser die Band, umso schwerfälliger das Gefährt. Ausserdem hat man zu zweit sehr viel mehr Platz." Oder musikalischen Spielraum, präzisiert er. "Hello Cleveland ist die einzige Band, mit der ich live improvisiere."

Wann es wieder dazu kommen wird, ist unklar. Sicher ist nur, dass die Plattentaufe irgendwann nachgeholt wird. Und bis dahin sind die sechs Songs auf "Eleven" kein schlechtes Mittel, um das Unmittelbare eines Konzerts, bei dem laut wichtiger ist als geschliffen, bestmöglich nachempfinden zu können.

Mit Betonung auf bestmöglich. Denn Titel wie die vorab veröffentlichten Singles "System's Down", "I Don't Know Why" oder zuletzt "Riding", zu dem Hello Cleveland einen Clip im Stile des Films Brokeback Mountain veröffentlicht haben, machen mit aller Wucht bewusst, dass Live-Shows unersetzlich sind.

Und es, um nicht ständig mit dem Kopf durch die Wohnzimmerdecke zu schlagen, ruhigerer Nummern wie "Don't Bother" oder "Lights Out" bedarf. Oder eines weiteren Beruhigungsspruchs, den Mathias Schenk eigentlich ebenfalls sehr nervig findet: Was uns nicht umbringt, macht uns stark. (sda)