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Buch

Federica de Cesco: Eine Reise durch ihr Denken, Fühlen und Schreiben

Die weltberühmte Autorin, die seit langer Zeit in Luzern lebt und arbeitet, versammelt in ihrem neuen Buch ausgewählte Geschichten, Betrachtungen und Anekdoten aus ihrem Leben. Mal mit grossem Engagement, mal mit Humor. Und oft beides zusammen.

Man kann sie durchaus persönlich antreffen, wenn man in Luzern spazierend unterwegs ist. Auch wenn es am Suppentag der Schweizer Tafel die wärmende Mahlzeiten zu verteilen gilt, macht sie mit. So aktiv und nahbar ist die inzwischen 84-jährige gebürtige Italienerin, die 1957 mit dem Indianerroman «Der rote Seidenschal» schon ganz jung einen Welterfolg landete. Seither hat sie rund 100 Romane für Erwachsene und Jugendliche geschrieben, zuletzt etwa «Der englische Liebhaber» oder «Das Erbe der Vogelmenschen». Noch heute arbeitet Federica de Cesco, seit 1971 mit dem japanischen Fotografen Kazuyuki Kitamura verheiratet, jeden Tag bis zu vier Stunden.

Suppentag der Schweizer Tafel beim Schweizerhof in Luzern: Federica de Cesco hilft beim Suppe-Schöpfen.
Bild: Bild: Manuela Koch-Jans (25.11.2021)

Für ihr neues Buch hat sie nicht nur geschrieben, sondern vor allem auch aus früheren Texten ausgewählt. Der Titel «Die Welt durch Wörter sehen» sagt viel über sie selber aus: Bis heute sieht sie die Sprache als zentrales Mittel, Erkenntnisse über das Leben zu vermitteln, dabei zu unterhalten, ja das schon, aber auch mit Geschichten oder unverblümter Entlarvung gegen Ungerechtigkeit eintreten, die etwa kulturelle Minderheiten erleiden. Oder Frauen. Ihnen machen gleich mehrere Texte im Buch Mut, aus dem Schatten herauszutreten. So wie sie es damals selber tat mit ihrem ersten Roman. Und damit nie aufgehört hat.

Drei Texte liegen ihr besonders am Herzen

Federica de Cesco, aufgenommen von ihrem Mann Kazuyuki Kitamura.

Das Buch enthält Kurzgeschichten, Anekdoten oder Essays etwa zum Thema Freiheit. Wir bitten Federica de Cesco, drei Texte zu nennen, die ihr besonders am Herzen liegen. Sie wählt erstens «Wo die Bäume weinen»: Darin erzählt sie von den Dreharbeiten in Kanada zur Verfilmung ihres Romans «Shana, das Wolfsmädchen». Ihre Begegnung mit den indigenen Ureinwohnern hat humorvolle Stellen, aber es schwingt auch die Thematik der Misshandlung dieser Menschen und der Natur mit.

Als zweiten Text nennt sie «Tokyo in Blau und Rosa». Japan hat sie immer fasziniert, einige ihrer Romane wie etwa «Tochter des Windes» handeln davon. Die gewählte Kurzgeschichte handelt von einer Europäerin, die ein klassisches japanisches Kabuki-Theater besucht, wo Männer auch die Frauenrollen spielen. Obwohl die Heldin nur Bahnhof versteht, bricht sie vor Rührung in Tränen aus. Im Mix von Emotion und Humor eine typische De-Cesco-Story. Ihr dritter Lesetipp ist «Wie schmeckt ein Buch am besten», wo sie in neun Kapiteln ihre Bücher und die Arbeit daran mit einem Menü vergleicht. Den Text hat sie neu für diese Sammlung verfasst.

Sie selber wird als Plagiatorin entlarvt

Auch wir wollen daraus zwei Favoriten nennen: Besonders berührt hat uns «Die Hand der Pianistin». Darin lernt ein Barpianist eine geheimnisvolle Frau kennen, die ihm mit besonderem Interesse zuhört. Schliesslich erfährt er, dass sie und ihr Vater selber Pianisten waren und an der kulturellen Intoleranz im Iran zerbrachen. Als Kontrast dazu hat es humorvolle Texte, in denen man auch einiges aus de Cescos Leben erfährt. Etwa wie sie als Kind in Belgien, wo Schokolade quasi Grundnahrungsmittel war, eine ganz besondere Beziehung dazu entwickelt hat. Besonders gefallen hat uns eine Anekdote, wie de Cesco an einer Lesung ein Gedicht als ihr eigenes vortrug, nachdem sie es in ihren alten Unterlagen entdeckt hatte. Dann zeigten ihr zwei Zuhörerinnen auf, dass das Gedicht von jemand anderem ist. Das ist eben auch Federica de Cesco: Neben Kämpfertum, Intellekt und Emotionalität kommt immer wieder eine gehörige Portion Selbstironie.

Federica de Cesco: Die Welt durch Wörter sehen. Wörterseh Verlag, 170 S., Fr. 27.90

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