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Tatort-Kolumne

Etwas zu viel Leiden an der Frau: Der erste Dortmunder Fall ohne Martina Bönisch lässt Faber zum Waldgeist werden

«Du bleibst hier». Dieses Versprechen hat Martina Bönisch ihrem depressiven Kollegen abgenommen. Er hält sich dran.

«Tatort» Dortmund: «Du bleibst hier». Sonntag, SRF 1, 20.05.
Bild: Bild: Das Erste

Mit der sogenannten horizontalen Erzählweise, die uns beim «Tatort» über die Jahre durchs bewegte Leben so mancher Kommissare führt, geht auch die Gefahr einher, dass Drehbuchautoren zu Märchenerzählern werden, die etwas ratlos an der Bettkante ihrer Zuschauer sitzen und verzweifelt nach spannenden Wendungen suchen.

Beim aktuellen «Tatort» aus Dortmund hat Hauptdarsteller Jörg Hartmann erstmals am Drehbuch mitgeschrieben, zusammen mit Urgestein Jürgen Werner. Und man ist leider versucht zu sagen: Die beiden klingen ein bisschen wie Eltern, die beim Geschichtenerfinden für ihre Kinder eben doch mehr Eltern als Autoren sind.

Klar, es handelt sich bei «Du bleibst hier» um die erste Folge nach dem Tod von Kommissarin Bönisch. Kommissar Faber (Jörg Hartmann) leidet. Gelitten hat Faber von Anfang an. Zuerst trauerte er um Frau und Tochter, jetzt trauert er um Martina Bönisch.

Wie ein Waldgeist sieht er aus, mit Zottelhaar und Zottelbart, die Nächte verbringt er in seinem Auto mitten im Wald, wo einzig eine Eule ihm Gesellschaft leistet. Und wieder einmal wünscht man sich hier die wütende Urgewalt Faber aus den überraschenden Anfängen des «Tatorts» aus Dortmund zurück.

Dass Faber nun auch noch ganz unvermittelt auf seinen dementen Vater trifft, sich in seinem Kinderzimmer wiederfindet und dem Vater den frühen Tod der Mutter vorwirft, das ist ein bisschen viel Leiden an der Frau. Und der Kriminalfall? Der ist solide ausgedacht, ein Immobilienhai wurde ermordet, das Dortmunder Kreuzviertel ist in Aufruhr. Aber auch hier hätten weniger trübes Licht und Nostalgie gut getan.

«Tatort» aus Dortmund: «Du bleibst hier». Sonntag, 15. Januar 2023, SRF 1, 20.05.
Wir geben drei von fünf Sternen.

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