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72. Berlinale

Drei Schweizer Filme im Wettbewerb

An diesem Donnerstag startet die 72. Berlinale - trotz der hohen Corona-Zahlen. Die Schweiz ist mit der Rekordzahl von drei Produktionen in den beiden Wettbewerben sowie zudem mit drei Filmklassikern vertreten.
Die Schweiz steht mit drei Filmen im Wettbewerb an der diesjährigen Berlinale - einer davon: "La ligne" von der Westschweizer Filmemacherin Ursula Meier.
Bild: Keystone/EPA/FRANCK ROBICHON

Allzu selten wird ein Schweizer Film in den Wettbewerb eines der drei grossen Filmfestivals eingeladen. In Cannes und Venedig seit langem nicht mehr, in Berlin letztmals vor zehn Jahren, als die Westschweizerin Ursula Meier "Sister" zeigte und einen Spezialpreis gewann.

Nun ist es wieder Ursula Meier, der diese Ehre zufällt. An der vom 10. bis 20. Februar stattfindenden Berlinale zeigt sie ihr neues Werk "La ligne". Ebenfalls mit dabei sind Michael Koch mit "Drii Winter" sowie Cyril Schäublin mit "Unrueh".

Bundesrat Alain Berset zeigt sich auf Anfrage von Keystone-SDA hoch zufrieden über die Schweizer Beteiligung. "Ich stelle mit Freude fest, dass der Schweizer Film an der Berlinale ausserordentlich präsent ist und gleich zwei Produktionen in den Hauptwettbewerb schicken kann. Das zeigt, dass das Filmland Schweiz viel zu bieten hat und auch international gewürdigt wird."

Ursula Meiers "La ligne" ist eine schweizerisch-französisch-belgische Koproduktion. Im Mittelpunkt steht eine junge Frau, die während eines Streits ihre Mutter brutal angreift. Das Gericht entscheidet, dass sie sich während drei Monaten dem Elternhaus nur bis höchstens 100 Meter nähern darf. Diese imaginäre Grenze legt die Spannungen in der dysfunktionalen Familie schonungslos offen.

Berlinale-Leiter Carlo Chatrian, der frühere Direktor des Filmfestivals Locarno, bezeichnete "La ligne" bei der Programmpräsentation als emblematisch für unsere Zeit. "Um das Haus der Familie wird eine Linie gezogen, die trennen soll, die aber gleichzeitig auch verbindet. Es ist ein Film darüber, dass wir einerseits beieinander sein wollen, aber andererseits Angst vor Nähe haben."

Viel Schweizerdeutsch

Als zweiter Schweizer Beitrag im Hauptwettbewerb zeigt Michael Koch die schweizerisch-deutsche Koproduktion "Drii Winter". Sein zweiter Kinofilm nach "Marija", der 2016 in Locarno lief, entstand mit Laiendarstellern auf Schweizerdeutsch in einem Bergdorf in den Alpen. Ein junges Paar kämpft gegen alle Widerstände um seine Liebe, die selbst den Tod überstrahlt.

Als dritte Weltpremiere aus der Schweiz ist schliesslich im parallelen Wettbewerb Encounters "Unrueh" von Cyril Schäublin zu sehen. Sein Erstling "Dene wos guet geit" (2017) wurde in Locarno uraufgeführt. "Unrueh" spielt 1877 im jurassischen Uhren- und Anarchistenmilieu. Die Protagonisten sprechen französisch, slawisch und schweizerdeutsch.

Schliesslich kommen in Berlin die Schweizer Altmeister Jean-Luc Godard und Claude Goretta zu Ehren. Als Classics Special ist eine restaurierte Fassung von Godards "Notre musique" (2004) zu sehen. Als Hommage an Isabelle Huppert werden zudem Godards "Sauve qui peut (La vie)" von 1980 sowie Gorettas "La dentellière" von 1976 gezeigt.

Im Wettbewerb um den Goldenen und die Silbernen Bären, der mit "Peter von Kant" von François Ozon eröffnet wird, sind insgesamt 18 Filme aus 15 Ländern zu sehen; im Encounters-Wettbewerb sind es 15 Filme aus 15 Ländern. Insgesamt laufen an der Berlinale 256 Filme aus 69 Ländern.

Im Vorfeld des weltweit grössten Publikumsfilmfestivals wurde kritisiert, dass der Anlass trotz der rekordhohen Corona-Zahlen in Berlin überhaupt stattfindet. Es gilt zwar 2G+ mit Maskenpflicht und Partys und Empfänge soll es nicht geben. Der rote Teppich jedoch wird täglich ausgerollt.

*Dieser Text von Beat Glur, Keystone-SDA, wurde mithilfe der Gottlieb und Hans Vogt-Stiftung realisiert. (sda)