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Popkultur-Glosse

Der Absturz des Kanye West: Lustig, peinlich oder tragisch – alle schauen zu

Kanye West bezeichnet sich als kreatives Genie und gab einem seiner Alben den Titel «Yeezus», angelehnt an Jesus. Dieser unterhaltsame Grössenwahnsinn ist mittlerweile in etwas anderes abgerutscht. Und doch schauen alle hin. Ist genau das der Grund für sein Verhalten?

Kanye West war mal ein bejubelter Rapper. Jetzt ist er bestenfalls ein Witz. Das sagte nicht nur Model Gigi Hadid kürzlich ia Instagram. Lustig ist es aber schon lange nicht mehr.

Kanye, der seinen Namen vor einer Weile zu Ye änderte, hat schon immer gesagt, was er wollte. Er hatte aber nicht immer einen Dachschaden. Damit mache ich mich nicht über seine mentale Gesundheit lustig, sondern über sein Ego. Und manchmal hatte er sogar recht mit dem, was er sagte.

2005 verkündete er bei einer TV-Geldsammel-Aktion für die Opfer von Hurrikane Katrina live, dass Präsident Bush sich nicht für Afroamerikaner interessiert. Ein Skandal – aber nicht unwahr. Den afroamerikanischen Opfern sprach er aus der Seele. Das war vielleicht der Höhepunkt seiner Karriere.

Auf dem Höhepunkt: 2006 gewann Kanye mehrere «Grammy» Awards und nahm seine Mutter Donda West mit zur Verleihung. Sie starb ein Jahr später unerwartet.
Bild: Keystone

2007 starb seine Mutter Donda West bei einer Schönheits-OP. Etwas, das ihn hart getroffen hat. Wie eng ihre Bindung war, zeigten die Szenen mit ihr in seiner Netflix-Doku «Jeen-Yuhs» eindrücklich. Sie war sein Rückhalt und die Stimmer der Vernunft. Ich glaube, er hat ihren Verlust nie verkraftet und evtl. hat das auch etwas ausgelöst.

Alle wollen wissen: Was macht er wohl als Nächstes?

Als Kanye 2009 Taylor Swift an den «MTV VMA’s» auf der Bühne unterbrach, hat die Welt gelacht. Sogar Präsident Obama nannte ihn einen Idioten. Es war ein popkulturelles Ereignis. Doch ab dann kippte das Ganze immer mehr.

An den «MTV Video Music Awards» unterbrach Kanye Gewinnerin Taylor Swift bei ihrer Dankesrede, weil er fand, Beyoncé hätte den Peris gewinnen sollen.
Bild: Keystone

2018 sagte er : «400 Jahre Sklaverei... das klingt nach einer Wahl.» 2020 verkündete er, er wolle US-Präsident werden und in einer öffentlichen Rede erzählte er unter Tränen, dass er und Kim Kardashian darüber diskutiert hätten, ihre Tochter North abzutreiben. Ab dann blieb nichts mehr privat. Und kürzlich schockierte er mit seinen «White Lives Matter» Shirts.

Kanye West und Kim Kardashian heirateten 2014 und haben vier gemeinsame Kinder. Anfang Februar 2021 reichte sie die Scheidung ein.
Bild: Keystone

In vielen Kommentaren unter Onlineartikeln über Kanye West, liest man: «Berichtet nicht mehr über ihn.» Oder: «Gebt ihm keine Plattform.» Das Problem ist, dass er diese Plattform gar nicht braucht. Social Media sei Dank.

Auf Twitter und Instagram kann er jeden Hirnfurz rauslassen und auch wenn er das meistens schnell wieder löscht, haben es seine Millionen Follower schon gesehen. Dabei sind das längst nicht nur Fans, sondern vor allem Menschen, die sehen wollen, was er wohl als Nächstes macht.

Grossartig oder grössenwahnsinnig? Kanye West als Jesus auf dem Cover des «Rolling Stone».
Bild: Keystone/Rolling Stones

Und das ist der Punkt: Es ist Entertainment. Promi-Skandale sind unterhaltsam, auch wenn sie noch so tragisch sind. Als Rihanna von ihrem damaligen Freund Chris Brown verprügelt wurde, waren wir schockiert – und haben dann die Bilder gegoogelt. Und Marylin Monroes Tod ist immer noch Stoff für (schockierende) Filme. Denn Stars sind für uns keine echten Menschen. Sie sind etwas abstraktes und wenn einer abstürzt, schauen wir wie Gaffer bei einem Autounfall zu.

Absurde Auftritte: Kanye bricht 2020 öffentlich in Tränen aus.
Bild: Keystone

Kanye West wurde schon mehrmals von Instagram oder Twitter verbannt, aber er kam immer wieder zurück. Sollte man ihn also permanent sperren? Vielleicht keine schlechte Idee. Es gibt genug Studien, die zeigen, dass Social Media nicht gut für unsere mentale Gesundheit ist. Andererseits stellt sich damit auch die Frage, wo man die Linie zieht. Wer darf Social Media nutzen? Was darf man sagen? Und wie oft? Natürlich gibt es Richtlinien, aber sie gelten offenbar nicht für alle gleich.

Klar ist aber: Mit seinem antisemitischen Mist, denn er gepostet hat, hat Kanye eine Grenze überschritten. Seine Aussagen sind nicht (mehr) harmlos, weil niemand weiss, ob einer seiner Follower ihn ernst nimmt und austickt. Genau darum hat seine Ex-Frau Kim Kardashian die Security Beamten aufgestockt, nachdem er in einem Post die Schule seiner Kinder namentlich nannte.

Mentale Probleme, Aufmerksamkeit oder Bestätigung?

Es ist für seine Fans schwer geworden, zu ihm zu stehen. Ehemalige Freunde wie John Legend oder P. Diddy haben sich abgewendet. Und tonnenweise Menschen, inklusive vieler Promis, verurteilen sein Verhalten öffentlich. Also warum verhält er sich weiter so daneben?

Weil er bipolar ist, aber keine Medikamente nimmt, was er vor vier Jahren bestätigt hat? Ich glaube nicht. Viele Menschen sind bipolar oder haben sonst Probleme mit ihrer mentalen Gesundheit. So wie Komiker Pete Davidson. Lange bevor er mit Kim Kardashian zusammenkam - und sich damit zu Kanyes Erzfeind machte - hat er gesagt: «Mental krank zu sein, ist keine Entschuldigung, sich wie ein Idiot zu verhalten.»

Kontroverses Duo: Kanye West und Donald Trump.
Bild: Keystone

Ist es also vielleicht auch Absicht? Frei nach dem Motto: Jede Publicity, ist gute Publicity? Denn es gibt immer noch Menschen, die mit Kanye zusammenarbeiten. Auch wenn er dem schockierten Vorstand von «Adidas» bei einem Meeting einen Porno auf seinem Handy zeigte, wie diese Woche rauskam. «Adidas» prüfe nun die Zusammenarbeit.

Oder ist es einfach Aufmerksamkeit? Denn, wenn wir Normalos uns über jedes Like freuen – und mal ehrlich: Jeder freut sich zumindest ein bisschen über diese Bestätigung – dann muss man sich mal vorstellen, was es für ein Dopaminschub sein muss, wenn man mitten in der Nacht etwas postet und Millionen von Menschen sofort darauf reagieren.

Ich habe keine Ahnung, warum Kanye West tut, was er tut. Aber sein Verhalten hat keine Konsequenzen. Also was ist die Lösung? Vielleicht weiss es Elon Musk. Der hat ja einen Hang zu «Problemlösungen» und schwierigen Persönlichkeiten.

Bei der letzten Twitter-Rückkehr von Kanye, hat Elon «seinen Freund» willkommen geheissen und kurz darauf verlauten lassen, dass er mit ihm über seine Aussagen gesprochen habe. Er glaubt, Kanye habe sich das zu Herzen genommen. Ich persönlich habe da so meine Zweifel.

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