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57. Solothurner Filmtage

Das Jahr des frankophonen Films

So unberechenbar die Pandemie auch ist, die Solothurner Filmtage halten im Hinblick auf die 57. Ausgabe am Präsenzfestival fest. Dort wird nach turbulenten Monaten das heimische, im Speziellen das frankophone Filmschaffen gefeiert.
Der Plan B soll vorerst bleiben, wo er ist: Die 57. Solothurner Filmtage sollen wenn immer möglich vor Ort stattfinden.
Bild: Keystone/MARCEL BIERI

596 Filme wurden eingereicht, darunter 150 Langfilme. 78 davon haben es ins Programmheft der 57. Solothurner Filmtage (16.-29.1.22) geschafft - 32 davon stammen aus der Romandie. Rechnet man die italienischsprachigen Werke dazu, so schmilzt die Anzahl der deutschsprachigen Filme auf weniger als die Hälfte.

Die starke Präsenz romanischer Sprachen sei "historisch", sagte David Wegmüller, der nach dem Weggang der ehemaligen Direktorin Anita Hugi zusammen mit Marianne Wirth die künstlerische Leitung der Festivals inne hat, an der Medienkonferenz vom Dienstag. Die nächste Ausgabe werde aber nicht nur als ein "Jahr des frankophonen Films", sondern auch als "Jahr der Produzentinnen" in Erinnerung bleiben, so Wegmüller. Seien doch mehr als die Hälfte der programmierten Filme von Frauen produziert worden.

Präsentes Migrationsthema

Je acht Filme wurden für die drei Festivalpreise nominiert. Für die mit 60'000 Franken dotierte Hauptauszeichnung, den Prix de Soleure, wurden sechs Dokumentarfilme und zwei Spielfilme ausgewählt. Sie alle stellen den Menschen und gesellschaftliche Fragen in den Mittelpunkt und zeugen von einem "ausgeprägten Humanismus", wie im Mediendossier zu lesen ist.

Neben dem ins Oscar-Rennen geschickten Film "Olga" von Elie Grappe, dem am Locarno Film Festival gezeigten "Wet Sand" von Elene Naveriani und dem Eröffnungsfilm "Loving Highsmith" von Eva Vitija dürfen "L'art du silence" von Maurizius Staerkle Drux und Thomas Szczepanski, "(Im)mortels" von Lila Ribi, "À ciel ouvert" von Charlie Petersmann, "Aya" von Lorenzo Valmontone und "Rotzloch" von Maja Tschumi auf einen Preis hoffen. Die letzten drei Filme nehmen auf je ganz unterschiedliche Weise das Migrationsthema auf.

Unterschiedliche Erstlingswerke

Die acht Erstlingswerke, die für den mit 20'000 Franken dotierten "Opera Prima"-Preis nominiert sind, hätten "gemeinsam, dass sie nichts gemeinsam haben", sagte Marianne Wirth an der Medienkonferenz. Die sechs Dokumentar- und zwei Spielfilme seien sehr unterschiedlich umgesetzt. Ins Rennen gehen "Diaries from an Unconventional Journey" von Sagar Shiriskar, "Do you remember me?" von Désirée Pomper und Helena Müller, "Forma del primo movimento" von Tommaso Donati, "Love Will Come Later" von Julia Furer, "Lux" von Mateo Ybarra und Raphaël Dubach, "Momentum" von Edwin Charmillot, "Pas de Deux" von Elie Aufseesser und "Zahorí" von Marí Alessandrini.

Wie gross die inhaltlichen Unterschiede zwischen den Filmen sind zeigt sich etwa am Vergleich von "Forma del primo movimento", einem Film über eine Gruppe von Menschen, die ein Theaterstück probt, mit "Lux". Letzterer dokumentiert eine Terrorübung der Schweizer Armee - der künstlerische Co-Leiter David Wegmüller lobte den interessanten Zugang "zu einem verstaubten Thema".

Bei einem Budget von rund 3'400‘000 Franken umfasst das Programm der 57. Solothurner Filmtage 26 Weltpremieren und 13 Schweizer Premieren. Zwei Weltpremieren - der Dokumentarfilm "Tout commence" von Frédéric Choffat und der Spielfilm "Une histoire provisoire" von Romed Wyder - haben es in die Auswahl für den Prix du publique geschafft. Die ebenfalls für diesen mit 20'000 Franken dotierten Preis nominierten Filme "3/19" von Silvio Soldini, "Los in Paradise" von Fiona Ziegler, "Stille Post" von Florian Hoffmann werden erstmals in der Schweiz gezeigt.

Wie Filmtage-Präsident Thomas Geiser vor der Medienkonferenz erwähnte, hatten die Solothurner Filmtage "mit der Pandemie und allem Möglichen" eine schwieriges Jahr hinter sich. Er sprach damit natürlich auf den Weggang von Anita Hugi an, machte aber durch diese Formulierung gleichzeitig deutlich, was sich auch in der anschliessenden Fragerunde bestätigte: "An den Solothurner Filmtagen sollen die Filme und die Filmemachenden im Vordergrund stehen und nicht die Menschen hinter dem Festival". Fragen zu dem Wechsel in der Festivalleitung werden nicht mehr beantwortet.

Und apropos Pandemie-Situation: Das Organisationsteam, dem neben dem künstlerischen Leitungsduo die administrative Leiterin Veronika Roos angehört, hat einen Notfallplan im Sack, sollte es zu einem erneuten Lockdown kommen. "Wir könnten umstellen", so Roos. Die Mittel für ein Onlinefestival stünden ja nun seit der letzten Ausgabe zur Verfügung. (sda)