Gestylte, junge Bartträger, ältere Männer und Frauen in Hosenträgern und Sonntagstracht, Kinder, auffallend viele französische Sprechende – wenn Christoph Walter im KKL spielt, ist das Publikum gemischt wie sonst nur selten. Von allen Ecken der Schweiz scheinen sie zu kommen. Mit Bussen werden halbe Dörfer aus Solothurn oder dem Aargau angekarrt.
Es gibt Gäste, die buchen schon seit Jahren genau dieses Konzert. Andere Veranstalter mögen momentan Mühe haben, ihre Tickets abzusetzen. Christoph Walter, dessen Luzerner Abende oft schon Monate im Voraus ausverkauft waren, gelingt beinahe ein «full house». Zehn Minuten vor dem Konzert sind nur noch 50 Tickets frei.
Chansons und Italianità
Das Christoph Walter Orchester bringt denn auch am Dienstagabend Musik für jeden Geschmack. Das beginnt mit den an Schlager angelehnten «Mississippi» und «Ein Blick genügt». Süffige Melodien, breit arrangierte Bläsersätze, ein grosser Klangteppich – sie sind überhaupt ein Merkmal vieler seiner Arrangements und Kompositionen – prägen die ersten Töne. Doch rasch geht es weiter. Rockiger, funkiger tanzen die Noten. Es ist ein wildes «La légende du colibri» der französischen Komponistin Zaz.
Die interpretierende Nelly Patty, ebenfalls seit Jahren dabei und inzwischen die Ehefrau des Bandleaders, ist eine der Hauptattraktionen des Abends. Ob in den Chansons oder in «Simply the Best» von Tina Turner – da stimmt einfach alles. Es ist ein Gesang mit Schatten und Tiefen. Ein Volumen, das auch im Fortissimo nichts von seiner Strahlkraft verliert. Kombiniert mit einer satten Bühnenpräsenz, ihrem Feuer und ihrer Ausstrahlung mischt sie hier ein paar faszinierende Momente.
Der andere Sänger, Guillermo Sorya, vermag da nicht ganz mitzuhalten. Er hat einen packenden Augenblick mit einem ironisch zelebrierten «Dr Sidi Abdel Assar vo El Hama», wo er seine spanischen Wurzeln mit andalusisch-arabisch angehauchtem Gesang zelebriert. In den italienischen Nummern vertut er sich in der Stimmlage. Vor allem in den tieferen Bereichen kann er wenig glänzen.
Ein DJ heizt ein
Die Vielseitigkeit des Abends zeigt sich auch in den Solisten. Auf der einen Seite stehen Alphörner (Flavian und Ramon Imlig) auf der Bühne, welche Walters bekannte Schwinghymne «Schwingerlüüt im Schwizerland» inszenieren. Oder die beiden rein singenden Mädchen Elena und Tabea Müller aus dem Entlebuch. Auf der anderen Seite geht Christoph Walter immer sofort einen Schritt weiter. Zu den Alphornsounds rappt der Luzerner Visu Texte über den Abend und das KKL, mischt so die traditionellen Klänge mit modernen Beats.
Die Hauptüberraschung ist jedoch der erstmalige Auftritt eines DJs zusammen mit der Band. In «Children» und vor allem im Welthit «Race» von Yello putzt der Scheibenkünstler Brain Cell das KKL regelrecht durch. Im Duell mit der Drum-Section wirft er Beats und Wörter, setzt Teppiche und Akzente. Da hätte man gerne ein paar Stücke mehr gehört. Eine Gelegenheit, die sich am Samstag im Zürcher Hallenstadium bietet, wo das Christoph Walter Orchester mit diversen DJs und dem Programm «Dance Classics» auftritt.
Freiheiten für die Solisten
Zwar ist die Beliebigkeit an diesem Abend teils eine Gratwanderung. Doch die Klammer Christoph Walter, seine Arrangements, halten das Gefüge zusammen. Dabei kann er auf eine exzellente Band zählen, der er viele Autonomien lässt. Die wilden Bläser-Improvisationen im «La légende des colibris» oder die diversen Solisten auf Trompete und Tenorsaxofon sind oft der entscheidende Schubs, der aus einem Ohrwurm etwas Spezielles schafft.
Kurz: Ein gelungenes Konzert, das Lust auf mehr macht. Nachdem der Vorverkauf eher harzig lief, sind inzwischen auch die weiteren Vorstellungen dieses World Band Festivals nahe am Etikett «ausverkauft». Für Kurzentschlossene gibt es jedoch für alle Konzerte, ausser das Familienkonzert, zwischen 50 (Tattoo vom Samstag) und 180 (Dutch Swing College Band) Tickets.
Das World Band Festival dauert noch bis und mit Sonntag, 2. Oktober. Letze Tickets unter: www.worldbandfestival.ch