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Afghanistan

Kabul verbreitet in Genf Optimismus

Vierfach gebeutelt sei Afghanistan, sagt ein humanitärer Uno-Helfer: durch Armut, Dürre, Terror und den Abzug der Nato-Kräfte 2014. Präsident Ghani verbreitet in Genf trotzdem Optimismus.
Afghanistans Präsident Aschraf Ghani am Dienstag an der internationalen Afghanistan-Konferenz in Genf.
Bild: Keystone/AP POOL Reuters/DENIS BALIBOUSE

Trotz Anschlägen und Terrorattacken sowie grosser Not durch eine schlimme Dürre treibt die afghanische Regierung ihre Wirtschaftsreformen voran und wirbt um Investoren.

"Wir sind für Geschäfte bereit, ich hoffe, Sie stehen für Partnerschaften zur Verfügung", sagte Präsident Aschraf Ghani am Dienstag zum Auftakt der internationalen Afghanistan-Konferenz am europäischen Uno-Sitz in Genf. Ghani sprach vor Diplomaten und Wirtschaftsvertretern.

Am Mittwoch geht es bei der Konferenz mit Diplomaten und Ministern aus rund 60 Ländern vor allem um die Sicherheitslage. Afghanistan wollte mit dem Treffen zwei Jahre nach der Konferenz in Brüssel, bei der für vier Jahre 15 Milliarden Dollar Hilfsgelder zugesagt worden waren, erste Bilanz ziehen.

Anzeichen für Optimismus

Die Uno-Mission in Afghanistan (Unama) sieht Anzeichen für Optimismus, obwohl von den rund 35 Millionen Einwohnern durch Konflikte und Dürre 3,6 Millionen akut von Hunger bedroht seien. "Bei den Reformvorhaben ist der Fortschritt schneller und besser als erwartet", sagte der stellvertretende Chef der Mission, Toby Lanzer.

Ghanis Berater Adschmal Ahmadi stellte heraus, das Afghanistan mit Gesetzen zu Firmengründungen und Investorenschutz in internationalen Ranglisten grosse Sprünge gemacht habe und von der Weltbank als "Topreformer" geführt werde. Ghani warb um Unterstützung, um das Sonnen- und Windpotenzial für erneuerbare Energien zu realisieren und um Unternehmern Kredite gewähren zu können.

Angst und Schrecken

Die Zivilgesellschaft zeichnet jedoch ein anderes Bild: Für Angst und Schrecken sorgen die Terrororganisation Islamischer Staat mit Anschlägen auf Zivilisten und die radikalislamischen Taliban, die Militär- und Polizeistützpunkte angreifen. Die Lage habe sich in den vergangenen zwei Jahren deutlich verschlechtert, meinte Jawad Nader, der britische und irische Unterstützergruppen für Afghanistan koordiniert. "Afghanistan steht vor dem Zusammenbruch", sagte er.

Dass die Regierung mit den Taliban über eine Regierungsbeteiligung spricht, betrachtet Suraya Pakzad von der Organisation "Stimme der Frauen" mit Argwohn. "Wir haben Sorge, dass die Frauen für Frieden geopfert werden", sagte sie. Die Taliban dürften darauf dringen, die Garantie der Gleichberechtigung der Frauen aus der Verfassung zu streichen. Nach ihren Angaben waren Anfang der 2000er Jahre 15'000 Taliban in Afghanistan, heute seien es 60'000.

Die Dürre hat nach Angaben des Uno-Kinderhilfswerks Unicef so viele Menschen ins Elend gestürzt, dass Familien zwischen Juli und Oktober 261 Kinder verkauft haben, fast alles Mädchen und das jüngste einen Monat alt. Sie würden teils schon mit elf Jahren verheiratet. Ein Mädchen, das eine verzweifelte Familie bereits für 3000 Dollar weggegeben hatte, konnte nach Vermittlung wieder zur Familie zurückkehren, berichtete Unicef-Sprecherin Alison Parker. (sda/dpa)