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Kasachstan

Tokajew bleibt Präsident in Kasachstan

Begleitet von Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten hat sich in der autoritär regierten früheren Sowjetrepublik Kasachstan Präsident Kassym-Schomart Tokajew im Amt bestätigen lassen. Die Opposition galt als chancenlos.
Übergangspräsident Kassym-Schomart Tokajew hat in Kasachstan die Wahl zum Staatsoberhaupt wie erwartet gewonnen.
Bild: Keystone/AP Kazakhstan's Presidential Pre

Die Wahlkommission sprach dem 66-jährigen Tokajwew am Montag 70,96 Prozent der Stimmen zu. Internationale Wahlbeobachter nannten die Abstimmung am Sonntag weder frei noch fair. Sie kritisierten, dass bei friedlichen Demonstrationen Hunderte Menschen festgenommen worden waren.

Tokajew, der für eine enge Anbindung an die Nachbarländer Russland und China eintritt, verteidigte die Polizeigewalt. Die Demonstranten hätten die Sicherheit anderer Bürger gefährdet, argumentierte er. Zugleich betonte er, dass niemand gezwungen worden sei, zur Wahl zu gehen.

Sechs Kandidaten ohne jegliche Chance

Tokajew hatte das Amt im März von Nursultan Nasarbajew übernommen, der sich nach rund dreissig Jahren an der Macht zurückgezogen hatte. Nasarbajew hält allerdings weiterhin mehrere einflussreiche Ämter und gilt noch immer als mächtigster Mann des Landes. Tokajew hatte die Abstimmung angesetzt, um sich von den Wählern legitimieren zu lassen. Insgesamt waren rund zwölf Millionen Bürger zur Präsidententschaftswahl aufgerufen. Sieben Kandidaten waren angetreten.

Rund 500 Regierungsgegner wurden bei nicht genehmigten Kundgebungen festgenommen, wie das Innenministerium der Agentur Tengrinews zufolge mitteilte. Hunderte Menschen hätten sich in der Hauptstadt Nur-Sultan (früher Astana) und in der Grossstadt Almaty zu Protesten versammelt. Es waren die grössten Demonstrationen seit Jahren. Viele Menschen in dem ölreichen Steppenstaat klagen über Korruption und soziale Missstände.

Im Kurznachrichtendienst Twitter wurden Bilder und Videos verbreitet, wie die Polizei mit massiver Gewalt gegen Protestierende vorgeht. Auch ältere Frauen wurden unter Geschrei von den Plätzen getragen. Zu sehen waren ein grosses Polizeiaufgebot und Menschen, die sich gegen ihre Festnahme wehren.

OSZE: "Zutiefst beunruhigend"

"Bitte stoppen sie Gewalt", appellierten die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Der Leiter der Beobachtermission, Giorgi Zereteli, nannte die Festnahmen "zutiefst beunruhigend". Bei der Wahl seien grundlegende Freiheiten verletzt worden. Es habe Unregelmässigkeiten gegeben, so dass "eine ehrliche Zählung nicht garantiert" werden könne.

Dagegen sprach Tokajew von einer offenen Abstimmung und gleichen Bedingungen für alle Kandidaten. "Das ist ein Mandat des Vertrauens, das ich die nächsten fünf Jahren rechtfertigen sollte", sagte er.

An zweiter Stelle landete nach Angaben der Wahlkommission der Oppositionskandidat Amirschan Kossanow mit 16,2 Prozent der Stimmen. Das sei "eine enorme Leistung", sagte er der Staatsagentur Kazinform zufolge. Mit Blick auf seine Wähler sagte er: "Ich hoffe, dass Ihre Unterstützung uns dabei helfen wird, den Dialog mit den Behörden voranzubringen, um die demokratischen Werte zu fördern."

Niedrigere Wahlbeteiligung

Tokajew konnte nicht annähernd so viele Stimmen holen wie Nasarbajew bei der Abstimmung 2015. Damals stimmten offiziell rund 97 Prozent der Kasachen für ihn. Auch die Wahlbeteiligung lag nach offiziellen Angaben mit 77,4 Prozent deutlich niedriger als damals.

Viele hätten mit der Wahl die Hoffnung auf Veränderungen verbunden, sagte ein Rentner auf dem Weg zum Wahllokal in Almaty. "Echte Reformen wird es aber auch unter Tokajew nicht geben", sagte er der Nachrichtenagentur dpa. "Er ist wahrscheinlich nur ein Übergangspräsident, der einige Dinge in die Wege leiten wird."

Besonders die jüngere Generation habe genug von System Nasarbajew, sagte ein 34 Jahre alter Taxifahrer. "Das jetzige System ist korrupt, und die Machtelite bereichert sich immer mehr." Er hoffe, der neue Präsident nutze die Chance und löse das Parlament auf, ändere die Verfassung und ziehe die bisherigen Politiker zur Verantwortung. (sda/dpa)