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Sudan

Chef des Militärrats im Sudan vereidigt

Nach dem Sturz des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir ist der Verteidigungsminister Awad Ibn Auf als Chef des neuen Militärrats vereidigt worden. Ibnuf habe den Amtseid abgelegt, Generalstabschef Kamal Abdelmaruf sei zu seinem Stellvertreter ernannt worden.
Der Verteidigungsminister Awad Ibn Auf ist nach dem Sturz des sudanesischen Präsidenten Omar al-Baschir als Chef des neuen Militärrats vereidigt worden.
Bild: KEYSTONE/AP AFP/FETHI BELAID

Das meldete das staatliche Fernsehen am Donnerstag. Ibn Auf hatte zuvor "den Sturz des Regimes" und die Inhaftierung Baschirs verkündet und mitgeteilt, für eine Übergangszeit von zwei Jahren werde ein Militärrat eingesetzt.

In der Übergangsphase solle der Weg für Wahlen bereitet und sichergestellt werden, "dass die Menschen im Sudan in Würde leben können", sagte er in einer Fernsehansprache am Donnerstag. Omar al-Baschir war am Nachmittag nach fast 30 Jahren an der Macht vom Militär abgesetzt worden. Al-Baschir wurde festgenommen. Er befinde sich an einem "sicheren Ort", erklärte Ibn Auf.

Ausnahmezustand und Ausgangssperre

Für drei Monate gelte zunächst der Ausnahmezustand und für einen Monat eine nächtliche Ausgangssperre von 22 Uhr bis 4 Uhr morgens, erklärte der Minister weiter. Der sudanesische Luftraum sei für 24 Stunden geschlossen. Alle politischen Gefangenen würden freigelassen. Zudem erklärte er eine Waffenruhe im ganzen Land - dies würde wohl auch die Unruheregion Darfur einschliessen. Demonstranten missachteten am Donnerstagabend aber das vom Militär verhängte Ausgehverbot.

Uno-Generalsekretär Antonio Guterres dringt nach dem Sturz von Sudans Staatschef Omar al-Baschir durch das Militär auf einen demokratischen Übergang in dem ostafrikanischen Land. Guterres habe die "Erwartung, dass die demokratischen Bestrebungen der sudanesischen Bevölkerung durch einen angemessenen und umfassenden Übergangsprozess verwirklicht werden", sagte sein Sprecher am Donnerstag in New York. Guterres habe alle Beteiligten zu "Ruhe und äusserster Zurückhaltung" aufgerufen.

USA mahnen

Die Vereinigten Staaten setzten unterdessen ihre Gespräche mit dem afrikanischen Land über eine Normalisierung der Beziehungen aus. "Das sudanesische Volk sollte bestimmen, wer es künftig anführt", sagte ein Sprecher des Aussenministeriums in Washington am Donnerstag (Ortszeit). Die Bevölkerung habe klargemacht, dass Zivilisten die Übergangsphase leiten sollten. "Das sollte ihnen nicht erst in zwei Jahren erlaubt werden", hiess es weiter. Zivile Kräfte müssten Platz in der Regierung bekommen.

Dem Putsch waren monatelange Massenproteste vorausgegangen: Im Dezember gingen die Menschen auf die Strasse, um gegen die Erhöhung von Benzin- und Brotpreisen zu protestieren, schon bald forderten die Demonstranten aber auch den Rücktritt Al-Baschirs. Den Protesten hatten sich erstmals breite Bevölkerungsschichten angeschlossen.

Seit Samstag war es zu einer Sitzblockade vor der Militärzentrale in der Hauptstadt Khartum gekommen, die auch gleichzeitig die offizielle Residenz von Al-Baschir ist. Tausende Menschen protestierten friedlich. Zunächst gingen die Sicherheitskräfte hart vor, noch am Wochenende wurden rund 2500 Menschen festgenommen.

Einem Ärzteverband zufolge kamen mindestens 21 Menschen ums Leben. Doch diese Woche gab es erste Zeichen, dass Teile der Sicherheitskräfte die Demonstranten gewähren liessen - ein Hinweis auf Risse im Machtsystem Al-Baschirs.

Putschist weggeputscht

Noch im Februar hatte der 75-jährige Al-Baschir einen Ausnahmezustand verhängt, löste seine Regierung und jene der Bundesstaaten auf und erklärte, er würde als Chef der Regierungspartei zurücktreten. Doch es war zu wenig und zu spät.

Die Lage entschärfte sich dadurch nicht, seine Massnahmen gaben den Demonstranten eher Rückenwind. Al-Baschir hatte sich 1989 an der Spitze einer Gruppe von Offizieren unblutig an die Macht geputscht.

In den Strassen Khartums herrschte am Donnerstag freudige Stimmung über den sich abzeichnenden Wechsel. Es blieb jedoch unklar, ob alle Demonstranten eine militärische Übergangsführung akzeptieren oder weiter protestieren würden. Einige Demonstranten vor der Militärzentrale sagten einem Reporter der Nachrichtenagentur DPA, sie würden ihren Protest fortsetzen.

Völkermord und Kriegsverbrechen

Die Zukunft Al-Baschirs war zunächst ebenfalls ungewiss. Er wird per Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gesucht. Ihm werden im Darfur-Konflikt, in dem Regierungskräfte und Milizen ab 2003 brutal gegen Volksgruppen im Westen des Landes vorgingen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Kriegsverbrechen vorgeworfen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat eine Überstellung von Al-Baschir an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gefordert. Al-Baschir müsse endlich für "einige der abscheulichsten Menschenrechtsverstösse unserer Zeit" zur Rechenschaft gezogen werden, teilte Amnesty-Generalsekretär Kumi Naidoo am Donnerstag mit. Die sudanesischen Behörden müssten Al-Baschir dem IStGH übergeben.

Der Sudan ist kein Mitgliedsstaat des Gerichts, ob Al-Baschir ausgeliefert werden wird, schien deshalb ungewiss. Ein Prozess in Den Haag dürfte vermutlich nicht das sein, was sich die neuen Militärmachthaber wünschen, zumal wohl auch ihre Rolle untersucht würde.

In etlichen anderen Ländern der arabischen Welt haben in den vergangenen Jahren Massenproteste zum Sturz langjähriger Herrscher geführt: in Tunesien, Ägypten, Libyen, im Jemen und zuletzt in Algerien.

Erdölfelder verloren

Der Sudan ist einem Uno-Index zufolge eins der 25 ärmsten Länder der Welt. Bis zur Abspaltung des Südsudans war die Wirtschaft stark vom Erdöl abhängig, das der Weltbank zufolge die Hälfte der Staatseinnahmen und 95 Prozent der Exporte ausmachte.

Doch 2011 verlor der Sudan die meisten Erdölfelder. 2019 wird dem Internationalen Währungsfonds zufolge mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung von 2,3 Prozent gerechnet. In dem Land im Nordosten Afrikas leben rund 40 Millionen Menschen. (sda/dpa/reu)