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Deutschland

100-Jahr-Jubiläum der Weimarer Verfassung

Hundert Jahre nach der Eröffnung der verfassunggebenden Nationalversammlung in Weimar hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier deren historische Lehren auch für die heutige Zeit hervorgehoben.
Zum Auftakt der Feierlichkeiten zum 100. Jubliäum der Weimarer Republik fand in der Herderkirche in Weimar ein ökumenischer Gottesdienst statt.
Bild: KEYSTONE/EPA/JENS-ULRICH KOCH

"Demokratie gelingt oder scheitert nicht auf dem Papier der Verfassung, sondern in der gesellschaftlichen Realität", sagte Steinmeier beim Festakt zum 100. Jubiläum der Reichsverfassung am Mittwoch in Weimar. Das sei heute kein bisschen anders als vor hundert Jahren.

Vieles von dem, was damals entstanden sei, lebe heute fort. "Weimars Ideale von Freiheit und Demokratie, Rechts- und Sozialstaatlichkeit sind eben nicht historisch gescheitert, sondern sie sind - zum Glück - fester und wehrhafter eingelassen in das Fundament unseres Grundgesetzes und unserer Republik", sagte Steinmeier.

Erinnerung an Ideale der Weimarer Republik

Niemand dürfe sich heute aber darauf ausruhen. "Solange Parlamente als 'Quatschbuden' verschrien werden, solange politisch Engagierte mit Worten oder sogar mit physischer Gewalt angegriffen werden, solange Menschen den Glauben an den Wert der Demokratie verlieren, können wir uns nicht zurücklehnen", sagte der Bundespräsident.

An dem Festakt im Nationaltheater nahmen neben Steinmeier auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel sowie weitere Repräsentanten von Bund und Ländern teil.

Die Feierlichkeiten zum 100. Jahrestag der Konstituierung der Deutschen Nationalversammlung hatten mit einem ökumenischen Gottesdienst begonnen. In einer gemeinsamen Predigt in der Herderkirche erinnerten der katholische Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr und die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann, an die Errungenschaften der Weimarer Verfassung. Mutige Frauen und Männer hätten vor 100 Jahren die Verfassung einer freiheitlichen Demokratie entworfen.

Warnung vor Volksverhetzung

Bis heute brauche es Menschen, die am friedlichen Miteinander in der Gesellschaft mitwirkten und schauen, "dass alle genug haben und zu ihrem Recht kommen", sagte Junkermann. Ein wirklich demokratisches Miteinander sei "mitunter mühsam", aber fairer Streit gehöre dazu. "Schlimm, wenn es wie damals in der Weimarer Republik zu heftigen Kämpfen kommt", sagte sie mit Blick auf die Nationalsozialisten, die zum Ende der Weimarer Republik immer stärker wurden und schliesslich die Demokratie aushebelten.

Auch Neymeyr zog Parallelen von der Weimarer Republik bis in die heutige Zeit. "Wir schauen mit Sorge auf unsere heutige Gesellschaft und ihre Zukunft: Gruppenbezogene Menschenverachtung findet Gehör, Antisemitismus in Worten und Taten nimmt zu, im Herzen der Demokratie in den Parlamenten wird der Ton aggressiv und polemisch", sagte er. Vor allem Christen sollten sich für ein freies, gleichberechtigtes, demokratisches Miteinander einsetzen.

Im Deutschen Nationaltheater in Weimar war am 6. Februar 1919 die Nationalversammlung zusammengetreten, die mehr als ein halbes Jahr in der thüringischen Kleinstadt tagte und den Beginn der ersten deutschen Demokratie markierte - der Weimarer Republik.

Zentrale Elemente der am 31. Juli 1919 verabschiedeten Weimarer Verfassung waren die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Trennung von Staat und Kirche sowie die Grundrechte, darunter erstmals die staatsbürgerliche und familienrechtliche Gleichstellung der Frau. Die Verfassung schrieb plebiszitäre Elemente wie den Volksentscheid, Presse- und Versammlungsfreiheit, gleiches und allgemeines Wahlrecht fest. (sda/afp)