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Tom Lüthi: «Du bist ganz schwer handysüchtig»

Die Wege von Tom Lüthi und Dominique Aegerter trennen sich nach zwei Saisons im selben Team. Vor dem ersten GP am kommenden Wochenende blicken die beiden Schweizer im Doppelinterview auf die gemeinsame Zeit zurück.
Er links hängt wenig am Natel, er rechts offenbar schon: Tom Lüthi und Dominique Aegerter sind mittlerweile Freunde geworden.Bild: Imago (Assen, 26. Juni 2016)

Interview: Klaus Zaugg

sport@luzernerzeitung.ch

Tom Lüthi, Dominique Aegerter, bei unserem letzten Interview am 14. August 2014 fuhren Sie beide noch nicht im gleichen Team – und jetzt sind Sie beide nicht mehr im gleichen Team.

Lüthi: Ja, das war vor zwei Jahren ...

Aegerter: ... in einer anderen Zeit.

Lüthi: Viel ist passiert, viel hat sich verändert seither. Wir sind beide älter geworden.

Was war die grösste Veränderung?

Aegerter: Wir sind Freunde geworden und waren gemeinsam in den Ferien.

Lüthi: Das war cool, ja, das sollten wir auch künftig wieder einmal machen. Es war wirklich toll, was wir gemeinsam erlebt haben.

Sind Sie wirklich Freunde geworden?

Aegerter: Ja, ich denke schon.

Lüthi: Wir sind durch die gemeinsame Zeit im gleichen Rennteam im Laufe der zwei Jahre sehr gute Kollegen geworden. Freunde sind etwas anderes: Freunde sind meine Vertrauten seit der Schulzeit. Aber ich hätte ja nie gedacht, dass ich mal mit dir Ferien machen würde.

Aegerter: Ich habe dich vorher nicht gut gekannt und falsch eingeschätzt. In den zwei Jahren haben wir uns besser kennengelernt, und ich habe jetzt ein anderes Bild von dir. Wir haben ja tatsächlich viel erlebt, und es ist gut, dass vieles davon unter uns bleibt. Das gehört zu einer guten Kollegschaft.

Wie hat sich Ihr Bild von Tom Lüthi verändert?

Aegerter: Ich dachte immer, Tom sei zurückgezogen, nicht so offen und immer so ernsthaft und nicht für Spass zu haben. Aber er ist auf dem Rennplatz einfach konzentriert.

Tom, sind Sie ein Schauspieler?

Lüthi: Ja, ich glaube schon. Es ist so, wie Domi sagt. Wenn es um den Job geht, dann mache ich keine Kompromisse und bin hundertprozentig konzentriert. Es kann sein, dass ich dann für andere reserviert oder fast abweisend wirke. Dessen bin ich mir bewusst. Aber wenn es nicht mehr um den Job geht und ich in einem Umfeld bin, zu dem ich Vertrauen habe, dann bin ich bewusst lockerer und für einen Spass zu haben.

Jetzt sind Sie wieder Gegner. Ändert sich dadurch etwas?

Lüthi: Es ändert sich nichts an unserem guten Verhältnis. Aber wir sind nun wieder in verschiedenen Teams, wir reisen nicht mehr gemeinsam und verbringen weniger Zeit zusammen.

Bringen die getrennten Wege für Sie, Dominique, auch eine Befreiung?

Aegerter: Das musste ja kommen. Jaja, ich habe jetzt keinen Lüthi-Komplex mehr, weil ich nicht mehr in seinem Team bin. Für mich ist es gleich wie für Tom. Wir verbringen nun weniger zusammen, und sonst ändert sich nichts. Ich hoffe, dass ich ihn nun auf der Rennpiste wirklich herausfordern kann. Wir warten ja alle darauf, zwei Schweizer auf dem Podest zu sehen.

Wann ist es so weit?

Aegerter: Beim Saisonauftakt am Sonntag haben wir die erste Chance.

Aber es ist schon so, dass Sie im gleichen Team wie Tom immer kleiner geworden sind.

Aegerter: Ich bin immer noch 174 Zentimeter gross. Ich bin also nicht kleiner geworden. Ja, meine Leistungen stimmten in den zwei Jahren nicht. Aber was sind die Gründe? Dass Tom mein Teamkollege war? Weil wir auf Kalex umgestiegen sind? Weil ich schwer gestürzt bin? Es gibt viele Ursachen.

Aber Sie wirken jetzt selbstsicherer, lockerer.

Aegerter: Aber nicht, weil Tom nicht mehr mein Teamkollege ist. Es ist vieles anders geworden. Die Sportler-RS im vergangenen Winter hat mir auch geholfen. Der Militärdienst hat Spass gemacht, und ich konnte von den anderen Spitzensportlern viel lernen und einen Schritt vorwärtsmachen. Und es hat gutgetan, während des Winters sechs Wochen in Spanien zu trainieren. Ich fahre jetzt mit der Suter wieder die Maschine, die ich wollte, und fühle mich in einem neuen Team wohl.

Lüthi: Ich verstehe, was du meinst. Wenn immer alles gleich ist, dann tut ein Wechsel manchmal gut. Ja, manchmal ist ein Wechsel notwendig. Ich denke, dass es nicht der Wechsel von der Kalex zurück auf die Suter ist, der dir helfen wird, sondern einfach der Wechsel in ein anderes Team.

Warum waren Sie im gleichen Team gut und warum Dominique nicht?

Lüthi: Wir hatten ja beide innerhalb des Teams unsere eigenen Leute. Ich habe aber am Rande mitbekommen, dass es zwischen Domi und dem Cheftechniker nicht gepasst hat. Das spielte eine wichtige Rolle. Aber es ist nicht so, dass seine Resultate etwas mit meiner Präsenz zu tun haben. Ich wollte ihm nichts wegnehmen.

Aegerter: Das sehe ich ja auch so. Natürlich habe ich, als bekannt wurde, dass du in unser Team kommst, auch gedacht: Du und ich im gleichen Team, das geht nicht.

Lüthi: Das ging mir auch so.

Aegerter: Aber wir haben uns schnell zusammengerauft, und wir haben nie gegeneinander gearbeitet, und ich hatte nie das Gefühl, dass du mir etwas wegnimmst. Das Problem warst nicht du. Es war die Summe vieler Kleinigkeiten, die mich um die Resultate gebracht haben.

Zwei Alphatiere im gleichen Team – geht das überhaupt?

Lüthi: Es gibt Beispiele, die zeigen, dass es funktioniert.

Aber bei Ihnen hat es offenbar nicht funktioniert.

Aegerter: Ja, aber nicht weil wir Probleme miteinander hatten. Tom war in diesen zwei Jahren einfach zu gut. So einfach ist das.

Lüthi: Deine Schwierigkeiten hatten nichts mit unserem Charakter zu tun. Bringen wir es doch auf den Punkt: Du wirst viel zu sehr von deinem Handy abgelenkt. Ständig bist du mit diesem Ding beschäftigt. Aber Konzentration ist das A und O in unserem Sport.

Aegerter: Na ja, ich bin schon ein wenig handysüchtig.

Lüthi: Ein wenig? Du bist ganz schwer handysüchtig. Du drehst ja gleich durch, wenn du mal irgendwo keine Verbindung kriegst und keinen Zugang zum Internet hast. Du funktionierst ohne Internetverbindung gar nicht mehr.

Aegerter: Das gehört halt dazu. Aber während der Arbeit lasse ich mich nicht ablenken. Du bist nicht der Einzige, der deswegen ständig hinter mir her ist. Auch der Sigi (Manager von Aegerter, Anm. d. Red.) sagt das immer wieder, und er wollte mir schon das Handy wegnehmen.

Wisst ihr eigentlich, wie viel der andere verdient?

Aegerter: Nein, darüber haben wir noch nie gesprochen.

Lüthi: Das Geld war noch nie ein Thema.

Wer von euch verdient mehr?

Aegerter: Also bei mir ist es nach den letzten zwei Jahren schon weniger geworden. Ich denke, du verdienst mehr.

Lüthi: Dann lassen wir das so stehen.

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