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Leichtathletik

Selina Büchel: «Ich war mir sicher, dass ich Zweite bin»

Selina Büchel (25) verteidigt in Belgrad ihren Hallen-Europameistertitel über 800 Meter. Die Toggenburgerin spricht über das Warten nach dem Zieleinlauf, den gestiegenen Druck und die neuen Träume.
Selina Büchel jubelt über ihren Sieg über 800 Meter.
Bild: AP/Darko Vojinovic

Selina Büchel, wie haben Sie den Abend nach dem Final vom Sonntag verbracht?

Wir mussten ziemlich lange auf die Siegerehrung warten, weil die Organisation nicht besonders gut geklappt hat. Anschliessend gab es einen Schweizer Empfang im Hotel und die Abschlussfeier. Erst danach konnte ich herunterfahren und realisieren, dass ich meinen Titel verteidigt habe.

Haben Sie sich den Lauf schon angeschaut?

Ja, einige Male sogar. Es gab erneut einen Fotofinish.

Dachten Sie im Zielbereich an das Rennen vor zwei Jahren, als sie an der Hallen-EM ebenfalls auf das Ergebnis warten mussten? Es war ziemlich ähnlich. Als ich über die Ziellinie lief, rechnete ich dieses Mal jedoch damit, dass ich Zweite geworden war. Ich hatte gehofft, doch eigentlich war ich mir ziemlich sicher. Ich dachte, das könne fast nicht sein, dass ich zweimal so knapp gewinne. Deshalb konnte ich es kaum glauben, als mein Name plötzlich zuoberst stand.

Wissen Sie, warum Sie es erneut geschafft haben?

Ich habe das Gefühl, dass mein Körper auf dem Fotofinish-Bild weiter hinten ist als derjenige von Shelayna Oskan-Clarke, nur meine Schulter ist ganz knapp vor ihr im Ziel. Da hatte ich auch Glück, weil ich sie im richtigen Moment nach vorne geschoben habe.

Welche Bedeutung hat diese zweite Goldmedaille für Sie? Eine sehr grosse. Es ist eine sehr schwierige Aufgabe, als Titelverteidigerin anzutreten. Zudem lagen die Läuferinnen sehr nahe beieinander. Es hätte geradeso gut auch auf die andere Seite kippen können. Es ist deshalb unglaublich, dass ich zweimal hintereinander an der Hallen-EM gewinnen konnte.

Ist die Hallen-EM in Belgrad mit derjenigen vor zwei Jahren vergleichbar?

Vieles war anders. Ich konnte dieses Jahr von den Erfahrungen profitieren, die ich damals gemacht habe. Ich weiss nun, wie ein solcher Grossanlass funktioniert, wie ich die Spannung aufbauen muss und mich zwischen den Rennen erholen kann. Davon konnte ich profitieren.

Die Titelverteidigung wurde fast schon erwartet. Wie gingen Sie damit um?

Die Aufmerksamkeit war sicher grösser. Für mich war es dennoch ähnlich wie vor zwei Jahren. Bereits damals habe ich auf einen Sieg gehofft. Diesen Druck brauche ich jedoch auch, um ein gutes Rennen zu zeigen.

Sie stellten mit 2:00,38 auch einen Schweizer Rekord auf. Hatten Sie diesen beim Start im Hinterkopf? Eigentlich nicht. Natürlich ist es mein Ziel, irgendwann auch in der Halle unter zwei Minuten zu laufen. Doch im Halbfinal habe ich gemerkt, dass die Bahn nicht besonders schnell ist. Deshalb habe ich vor dem Final nicht mehr daran gedacht. Als es dann so ein schnelles Rennen gab, freute ich mich umso mehr.

Was ist wertvoller, die Goldmedaille oder der Rekord?

Die Medaille, auch wegen der Art und Weise, wie ich sie gewonnen habe. Ich habe das Maximum aus mir herausgeholt. Genau für solche Momente trainiert man. Zudem verpasste ich an der WM in Peking, der EM in Amsterdam und auch an den Olympischen Spielen in Rio mein Ziel jeweils um wenige Hundertstelsekunden und war enttäuscht. Es ist schön, dieses Mal auf der anderen Seite zu sein.

Haben Sie bereits ein neues Ziel im Blick?

Dieses Jahr steht die WM in London im Mittelpunkt. Ich will dort den Final erreichen. Es fehlt nicht mehr viel. Ich werde nun weiter konsequent trainieren, damit es dieses Mal auch an einem Outdoor-Grossanlass klappt.

Interview: Raya Badraun

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