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Basketball

"Wettrüsten" im Kampf gegen die Langeweile

Seit vier Jahren dominieren die Golden State Warriors die NBA meist nach Belieben. Mit verzweifelt anmutenden Transfers versuchen einige Teams in diesem Sommer, die Kalifornier vom Thron zu stossen.
Draymond Green (links) und Stephen Curry (rechts) dominieren derzeit mit den Golden State Warriors die NBA
Bild: KEYSTONE/AP/MARCIO JOSE SANCHEZ

Am Anfang steht eine SMS. Elf Worte, eine simple Botschaft. "See what we are missing? We need you. Make it happen." Zu Deutsch: "Siehst du, was uns fehlt? Wir brauchen dich. Mach es möglich." Absender: Draymond Green. Empfänger: Kevin Durant, der mit einem Wechsel zu Golden State liebäugelt. Green sitzt in der Garderobe der Oracle Arena in Oakland, als er diese Nachricht in sein Smartphone tippt. Seine Teamkollegen sind alle schon frisch geduscht, einige haben die Arena sogar bereits verlassen, doch Green hat sich seines verschwitzten Trikots noch nicht entledigt. Für den Forward der Golden State Warriors gibt es in dem Moment Wichtigeres zu tun. Er will sicherstellen, dass das, was er vor knapp einer Stunde erleben musste, nie wieder vorkommt.

"Das will niemand sehen"

Es ist der 19. Juni 2016, die NBA-Meisterschaft ist entschieden. In der Gästekabine feiern die Cleveland Cavaliers ihren ersten Titel der Vereinsgeschichte. Als erstes Team überhaupt verspielten die Warriors, die zuvor die erfolgreichste Saison der Historie gespielt hatten, eine 3:1-Führung in einer Finalserie. Spott und Hohn sind ihnen gewiss. Das weiss auch Draymond Green, und darum greift er im Moment der grössten Enttäuschung seiner Karriere zum Mobiltelefon und kontaktiert Durant, ehemaliger Teamkollege von Thabo Sefolosha und MVP 2014. Sein Vertrag bei Oklahoma City ist ausgelaufen, viele Teams bemühen sich um ihn, doch Durant will Titel gewinnen, und so antwortet er Green: "I’m ready. Let's do this." ("Ich bin bereit. Lass es uns machen.") Anfang Juli 2016 unterzeichnet Durant einen Zweijahresvertrag bei den Warriors, elf Monate später stemmt er nach einer einseitigen Finalserie gegen Titelverteidiger Cleveland den Pokal in die Höhe.

Dass der 29-Jährige sich der Franchise aus Oakland anschloss, hat die Überlegenheit der Warriors nur verstärkt. Alles andere als der dritte Titelgewinn in den letzten vier Jahren von Golden State, das zum Auftakt in die neue Saison in der Nacht auf Mittwoch gegen Houston mit 121:122 unterlag, käme einer riesigen Überraschung gleich. In der Liga ist aber mittlerweile eine gewisse Sättigung spürbar. Selbst der ehemalige Warriors-Berater Jerry West sagt, dass er sich phasenweise fast ein wenig geschämt habe ob der Dominanz. "Das will niemand sehen. Die Fans wollen enge Spiele, harte Kämpfe. Sie wollen mitfiebern und völlig geschafft nach Hause gehen." Und er ergänzt: "Es war gut für uns, konnten wir Durant holen. Aber für die NBA ist es schlecht."

Transferieren oder verlieren

Nun, einige Teams haben die Hoffnung nicht aufgegeben, den Warriors in diesem Jahr das Wasser reichen zu können und waren entsprechend aktiv auf dem Transfermarkt. "Es ist zu einem Wettrüsten geworden in der NBA", sagt Houstons GM Daryl Morey. "Entweder machst du mit, oder du hast keine Chance." Die Texaner entschieden sich für Ersteres. Gleich sieben Spieler gaben sie im Tausch für Point Guard Chris Paul ab, der nun zusammen mit James Harden unter anderen den Genfer Clint Capela mit Pässen versorgen und den besten Backcourt der Liga bilden soll - zumindest auf dem Papier, denn wie die beiden Superstars, die naturgemäss viel den Ball in ihren Händen halten müssen, auf dem Feld harmonieren werden, wird sich erst mit der Zeit weisen. "Ich denke, wir haben eine reelle Chance, die Riesen dieser Liga herauszufordern", sagt Morey.

Als Gewinner der letzten Transferperiode gilt jedoch gemeinhin sein Amtskollege Sam Presti. Der GM der Oklahoma City Thunder hat es geschafft, Russell Westbrook, dem MVP der vergangenen Saison, in Paul George und Carmelo Anthony zwei Superstars zur Seite zu stellen, die in der oft eindimensionalen Offensive OKCs für Entlastung sorgen sollen. "Solche Spieler sind nicht oft verfügbar", sagt Presti. "Diese Chance mussten wir nutzen." Es ist eine riskante Strategie, denn sowohl George als auch Anthony könnten den Klub nach einem Jahr wieder verlassen, womit eine weitere versuchte Attacke auf die Warriors wohl erfolglos verpufft wäre.arriors wohl erfolglos verpufft wäre.

Solange die Schlüsselspieler um Green, Durant, Klay Thompson und Stephen Curry zusammengehalten werden können, ist es unwahrscheinlich, dass die Warriors ihren Platz auf dem Thron abgeben müssen. In zwei respektive drei Jahren haben die Verantwortlichen die schwierige Aufgabe, mit Thompson und Green neue Verträge auszuhandeln. Dass das Gefüge dann zusammenbricht, scheint zumindest möglich. Das weiss auch der zweimalige MVP Curry. "Es kann sich schnell ändern. Ein schlechter Transfer, und es ist vorbei. Aber ich werde Spass haben und es geniessen, solange es noch so ist." (sda)

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