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EM-Qualifikation

Luzerner Handballer Andy Schmid: «Selten von der Schweiz einen so mutigen Auftritt gesehen»

Die Schweiz hofft heute (17.45, SRF 2) in der EM-Quali gegen Deutschland auf eine Rekordkulisse in Zürich. Der Luzerner Superstar Andy Schmid (33) spricht über seine Gesundheit und die neue Rolle.
Der Ausnahmekönner im Schweizer Nationalteam: der Luzerner Andy Schmid (links).Bild: Urs Flüeler/Keystone (Aarau, 13. Januar 2016)

Andy Schmid, wie geht es Ihnen gesundheitlich, nachdem Sie den Auftakt in die EM-Qualifikation am Mittwoch in Slowenien verpasst haben?

Ich bin bei 95 Prozent, am Mittwoch hatte ich kein Fieber mehr. Die Grippe mit Schüttelfrost war sehr hartnäckig, kam und ging während rund zwei Wochen. Eine mühsame Sache.

Wo haben Sie die 27:32-Niederlage der Schweizer mit­verfolgt?

Allein vor dem Fernseher, zu Hause in Luzern.

Und wie war Ihr Eindruck?

In der ersten Halbzeit hat alles funktioniert, die Mannschaft spielte super. Slowenien war womöglich nicht an seiner Leistungsgrenze, doch das ist egal. Selten habe ich von der Schweiz einen so mutigen Auftritt gesehen, jeder war torgefährlich. Leider ist es dann zu schnell in die andere Richtung gegangen.

Aus der Fünftoreführung nach 34 Minuten wurde innert weniger als einer Viertelstunde ein 22:26-Rückstand. Was lief schief?

Jede Mannschaft fällt mal in eine Phase, in der es ihr nicht so gut läuft. Erst recht, wenn sie so jung ist wie jetzt die Schweiz. Diese Phase muss man mit möglichst wenig Schaden überstehen. Wir kassierten aber innerhalb von zehn Minuten ein 2:10, danach war es natürlich gelaufen. Schade, so hat man am Ende das Gefühl, als ob mehr drin gewesen wäre.

Wie hätten Sie während dieser Baisse helfen können?

Schwierig zu sagen. Auf dem Sofa ist jeder ein Welthandballer. Klar, hätte etwas Ruhe geholfen. Wir hätten vielleicht mal einen Angriff auf 1 Minute und 20 Sekunden hinauszögern können. Es ging alles plötzlich zu schnell, wir hätten das Tempo mit den Slowenen nicht mitgehen sollen. Und dann fehlte es im Angriff etwas an der Struktur, um den Schwachpunkt in der Abwehr des Gegners zu finden. Kavticnik hat schlecht verteidigt, bei ihm hätte man sein Glück suchen können.

Die Schwäche beim Gegner erkennen und nutzen – dank dieser Qualität sind Sie drei Mal in Serie als Akteur der Rhein-Neckar Löwen zum besten Spieler der deutschen Bundesliga gewählt worden. Inwiefern hat sich Ihre Rolle unter dem neuen Schweizer Nationaltrainer Michael Suter verändert?

Seither war ich noch gar nicht dabei, ich trainiere diese Woche zum ersten Mal mit dem Team. Mit einigen habe ich noch nie zusammengespielt, ich betrete also auch Neuland.

Suter sagte, er wolle Ihnen nicht mehr 80 Prozent der Verantwortung aufbürden. Von Ihnen würden nicht 10 Tore und 15 Assists pro Spiel erwartet.

Es ist schon so, dass in der Vergangenheit viel auf mich projiziert worden ist. Das wollte ich gar nie. Der Tscheche Filip Jicha oder der Mazedonier Kiril Lazarov können in neun Metern Entfernung hochspringen und das Tor erzielen, egal, ob alle neben ihnen den Handstand machen. Das kann ich nicht, ich bin auf das Kollektiv angewiesen.

Sie reden schon ein wenig wie ein Coach, Sie arbeiteten zuletzt auch an Ihrer Trainerausbildung. Ist bereits eine Karriere an der Seitenlinie absehbar?

Nein, das nicht. Ich habe nun die B-Lizenz. Um weiterzumachen, müsste ich ein Team trainieren. Das liegt neben dem Bundesligahandball nicht drin. Vier, fünf Jahre möchte ich schon noch weiterspielen. Klar ist, dass ich mir jede Türe offen halten will. Und dass ich mir die Spiele mittler­weile schon anders anschaue. Ich interessiere mich dafür, was auf der anderen Seite passiert.

Was möchten Sie mit der Schweiz noch erreichen?

Klar wäre die Teilnahme an einer EM- oder WM-Endrunde schön, doch darüber zu reden, ist zum jetzigen Zeitpunkt vermessen. Jetzt geht es darum, das weiterzuführen, was unter Michael Suter begonnen hat. Die jungen Spieler kennen ihn und spüren sein Vertrauen. Wenn ich am Ende ein Teil des Projekts war, das eine Mannschaft formte, die nach meiner Zeit an grossen Turnieren dabei sein wird, ist das auch befriedigend.

Am Samstag gastiert Deutschland in Zürich. Im Hallenstadion soll der Zuschauerrekord eines Länderspiels mit 9000 Fans geknackt werden. Was erwarten Sie?

Deutschland ist der Europameister, der Olympiadritte – das wird natürlich extrem schwierig. Für diese Mannschaft spielt es keine Rolle, ob sie vor 2000 oder 10000 Zuschauern spielt. Für den Schweizer Handball ist das ein super Tag, eine super Affiche. Unsere jungen Spieler treffen nicht jeden Monat auf einen solchen Gegner.

Gruppe 5. 2. Spieltag. Heute 17.45 Uhr (Hallenstadion Zürich, SRF 2): Schweiz - Deutschland. – Sonntag, 16.00: Portugal - Slowenien.

Rangliste: 1. Deutschland 2 (35:24). 2. Slowenien 2 (32:27). 3. Schweiz 0 (27:32). 4. Portugal 0 (24:35).

Modus: Top 2 pro Gruppe plus der beste Gruppendritte neben dem Gastgeber Kroatien für die EM-Endrunde 2018 qualifiziert.

Interview: Stephan Santschi

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