notifications
Eishockey

Für Ambri kann es böse enden

Eine Tessiner Hockeykultur ohne Ambri – das Undenkbare ist denkbar. Dabei zeigt ausgerechnet der heutige Gegner Langnau, dass auch ein «Hockey-KMU» in der NLA bestehen kann.
Resignierte Ambri-Spieler – ein gewohntes Bild. Bild: Gian Ehrenzeller/Keystone (Davos, 21. Februar 2017)

Klaus Zaugg

sport@luzernerzeitung.ch

Im Frühjahr 1985 gelingt Ambri die Rückkehr in die NLA. Ein Jahr später wird der HC Lugano erstmals Meister. Die Rivalität zwischen Ambri und Lugano ist der Sauerstoff der Tessiner Hockeykultur. 1999 kommt es sogar zum Gipfeltreffen im Playoff-Final. Lugano holt den Titel. Für eine ganz kurze Zeit Ende des letzten Jahrhunderts steht Ambri sportlich auf Augenhöhe mit Lugano.

Eine NLA ohne Ambri ist inzwischen für Lugano nicht mehr denkbar. Im Eishockey des 21. Jahrhunderts ist Medienpräsenz der Treibstoff des Hockeygeschäftes. Das staatstragende Tessiner Fernsehen überträgt jedes Derby live. Eine Tessiner Hockeykultur ohne Ambri wäre wie Merlot ohne Alkohol.

Luganos Geschäftsführer Jean-Jacques Aeschlimann sagt, wenn Ambri absteige, verliere Lugano einen Teil seiner Identität. «Wir haben uns mit dem Abstiegsszenario auseinandergesetzt. Wir würden ohne Ambri pro Saison rund 750000 Franken Einnahmen verlieren.» Ein Abstieg Ambris wäre auch das Ende des gemeinsamen Farmteams «Ticino Rockets». Lugano müsste dem Mehrheitsaktionär Ambri die Anteile abkaufen. Samt Schulden.

Der Sportchef als Budgetverwalter

Zur sportlichen Ausgangslage hat Aeschlimann tröstende Worte: «Wir sollten die jüngsten Resultate nicht überbewerten. Wenn es um die Existenz geht, wird Ambri anders auftreten.» Nur einer warnt. Kevin Schläpfer. «Fribourg ist nicht gefährdet, Ambri aber schon.» Er begründet es so: «Am Ende des Tages wird sich Fribourg durchsetzen. Weil die spielerische Substanz grösser ist als die der besten NLB-Teams. Aber für Ambri könnte es ganz bös enden. Ich glaube nicht, dass diese Mannschaft besser ist als die Topteams der NLB.» Wer hat recht? Wahrscheinlich Kevin Schläpfer.

Noch symbolisiert Ambri den Gegenentwurf zur Wirklichkeit des Hockeygeschäfts. Präsident Filippo Lombardi sagt: «Ambri ist der Stachel, der beweisen soll, dass Geld im Sport nicht alles ist.» Und so wehen im letzten ursprünglichen Hockeystadion der Welt Transparente mit Che Guevara im eiskalten Durchzug. Aber im Laufe dieser Saison spürt der neutrale Beobachter etwas wie Resignation. Symbolisch dafür ist die Entlassung des Trainers Hans Kossmann. Die Spieler, aber auch die Führung mochten seiner unerbittlichen Forderung nach Leistung nicht mehr folgen. Sportchef Ivano Zanatta ist nur noch ein Budgetverwalter. Vorbei die Zeiten, als Ambris Macher mit ihren Beziehungen die besten Ausländer holten, die vergessenen Talente im Land entdeckten und in Nordamerika Doppelbürger aufstöberten. Anders als Langnau ist Ambri noch nicht im Eishockey des fortschreitenden 21. Jahrhunderts angekommen. Die Langnauer haben ihre neue Arena gebaut. 15 Millionen bewilligten die Steuerzahler des 10 000-Seelen-Dorfes im oberen Emmental, in der Leventina des Bernbietes mit einer Mehrheit von über 70 Prozent. 15 Millionen investierte Präsident Peter Jakob aus eigenem Vermögen. Mit der neuen Arena ist es nun möglich, schwarze Zahlen zu schreiben.

Wichtige Verträge laufen aus

Langnau wird so wenig wie Ambri ein Titan. Aber die SCL Tigers sind ein erfolgreiches «Hockey-KMU» geworden. Sportlich so stabil, dass nicht einmal mehr der Verlust von Topskorer Chris DiDomenico (wechselt per sofort in die NHL zu Ottawa) das Unternehmen zu erschüttern vermag. Dass die Emmentaler mit einer Reserve von elf Punkten den rettenden 10. Platz belegen und heute mit einem Sieg gegen Ambri den Liga-Erhalt sichern können, hat Symbolcharakter. Die Hoffnung ist Ambris letzter Regenbogen über der rauen Hockey-Wirklichkeit. Wichtige Verträge (Ausländer, Trainer) laufen aus. Es ist die Chance für den Neuanfang. Aber sie wird vertan, wenn Ivano Zanatta Sportchef bleibt.

Kommentare (0)