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National League

Luganos Curva Nord

Sie kann energisch sein, euphorisch, packend, elektrisierend, aber auch aufbrausend, unberechenbar und wütend - die Curva Nord, ein für Schweizer Hockey-Verhältnisse beispielloser Fansektor.
Die Curva Nord in Aktion
Bild: KEYSTONE/TI-PRESS/SAMUEL GOLAY

Die Stehrampe besitzt mehr Temperament als üblich. Tief im Süden ist der Norden wild und an guten Abenden grenzenlos kreativ. Das faszinierend grosse Repertoire der ohrenbetäubenden Fan-Songs reicht bis zum brasilianischen Klassiker "Meu Amigo Charlie Brown". "Die Kurve ist unser siebter Mann", sagt Luganos Stürmer Alessio Bertaggia nach dem 3:0 im zweiten Finalheimspiel gegen die ZSC Lions und übertreibt mit keinem Wort. Die Kulisse singt, flucht und zelebriert ohne eine Sekunde Unterbruch.

In der Resega hat die organisierte Tifoseria eine lange Tradition. Unmittelbar vor der NLA-Promotion in den frühen Achtzigerjahren formierten sich erste Gruppierungen. Die "Black and White Panthers" spielten dabei eine entscheidende Rolle. Ihr Gründer importierte die Ultra-Kultur aus der Mailänder Fussball-Kathedrale San Siro.

Derweil sich der orchestrierte Support in der Serie A längst etabliert hatte, waren der Milan-Tifoso und seine Tessiner Seelenverwandten in der Schweizer Eishockey-Szene regelrechte Exoten. Auf der anderen Seite des Gotthards trugen die Sympathisanten bis zur Jahrtausendwende Jeanskutten mit aufgenähten Stickern ihres Lieblingsvereins. In Porza hingegen gab ein Capo nach italienischem Vorbild hinter dem Megaphon die Parolen und Klatschrhythmen bekannt.

Zwiespalt und Rehabilitation

Im allgemeinen Sog der Titelserie in den ersten drei Playoff-Jahren vergrösserte sich der Kreis der passionierten Lugano-Aficionados von 20 bis 30 Freaks auf über 1500. Lange waren die Idealisten mit eigener Fanzeitung in friedlicher Mission unterwegs. Während der Neunzigerjahre drehte der Wind plötzlich, militante Kreise übernahmen das Kommando, die Exzesse nahmen zu - viele der Gründergeneration distanzierten sich von der unappetitlichen Entwicklung.

2001 zettelten gewaltbereite Exponenten im Anschluss an die verlorene Finalissima gegen den ZSC die schlimmsten Krawalle in der Schweizer Klubgeschichte an und verursachten einen beträchtlichen Imageschaden. Der Tiefpunkt ist Geschichte und aufgearbeitet; die Curva ist inzwischen wieder ein Energiespender und keine Problemzone mehr.

Die Vereinsleitung um Vicky Mantegazza ist um eine gute Ambiance bemüht und hat den harten Kern der Anhänger ziemlich genau im Fokus. Vor heissen Partien hat die Klubchefin auch schon klare Statements platziert: "Wir benötigen weder Stress noch Chaos, sondern eine Resega mit positiver Energie." (sda)

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