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Jugendliche mit Sprachproblemen sollen gleiche Chancen haben

Jugendliche mit Sprachdefiziten haben auch nach der obligatorischen Schulzeit Anspruch auf Hilfe, finden einige Zuger Politiker. Die logopädische Behandlung sei im Kanton jedoch lückenhaft. Sie fordern deshalb die Regierung zum Handeln auf.
Wer nach der obligatorischen Schulzeit an Sprachstörungen leidet, muss im Kanton Zug selber für die logopädische Behandlung aufkommen. (Symbolbild Getty)

Livio Brandenberg

Sie stottern, sie verwechseln Buchstaben beim Lesen, sie sprechen Wörter falsch aus oder kennen zu wenige für ihr Alter: Kinder mit Sprachproblemen. Sobald das Defizit erkannt ist, gehen betroffene Kinder und Jugendliche in der Schweiz zu einem Logopäden, also einem Sprachheiltherapeuten. Im Kanton Zug sorgen sich nun ein Dutzend Politikerinnen und Politiker darum, dass Jugendliche mit sprachlichen Defiziten nach der obligatorischen Schulzeit nicht mehr betreut werden – und unterstützen deshalb eine Motion zweier Kantonsrätinnen. Was ist geschehen?

Bis Ende 2007 war die Invalidenversicherung für die Finanzierung der logopädischen Therapie bei schweren Sprachgebrechen bis zum 21. Altersjahr zuständig. Seit Januar 2008, also seit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA), stehen die Gemeinden und Kantone in der Pflicht. Wie die Motionärinnen Rita Hofer und Vroni Straub-Müller in ihrem Vorstoss schreiben, wurde die Bereitstellung der Therapie für die Vorschulzeit sowie für die obligatorische Schulzeit im Kanton Zug geregelt. Für Jugendliche von 16 bis 20 Jahren, die weiter auf eine logopädische Unterstützung angewiesen sind, fehle jedoch eine entsprechende Regelung. Dies auch im Gegensatz zu Angeboten bei Seh- oder Hörbehinderung.

«Defizite lassen sich nicht exakt nach neun Schuljahren abhaken.»

Dass die Betreuung bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit gewährleistet ist, danach jedoch nicht mehr, findet Motionärin Rita Hofer von den Alternativen Zug, prekär: «Defizite lassen sich nicht exakt nach neun Schuljahren abhaken.» Damit der Einstieg ins Berufsleben oder der Wechsel an eine weiterführende Schule gut gelingen könnten, seien betroffene Jugendliche auf eine fachliche Unterstützung bei Sprachproblemen angewiesen. Themen zu präsentieren, sich in Diskussionen einzubringen und zu argumentieren, das seien «Kompetenzen, die für Schülerinnen und Schüler mit einem sprachlichen Defizit eine enorme Hürde sind», so Hofer, die Lehrerin auf der Oberstufe ist.

Wenige Betroffene, doch grosse Bedeutung

Interessant: Praktisch alle Kantone haben vor zehn Jahren beziehungsweise in der Zwischenzeit ihre Gesetze angepasst oder ermöglichen Jugendlichen mit Problemen logopädische Therapien nach der obligatorischen Schulzeit – ausser Zug, Uri und Solothurn. Die von Hofer und Straub nun eingereichte Motion fordert darum, dass der Zuger Regierungsrat das Gesetz anpasst – und dass der Kanton Zug die Kosten für die Therapien übernimmt, wie dies in anderen Kantonen der Fall ist.

«Die Gefahr, dass sich die Schülerinnen und Schüler durch ihre Zurückhaltung isolieren, kann sich unter Umständen auch auf ihre Leistungen auswirken.»

Dies sei unumgehbar, sagt Hofer: «Im Kanton Zug müssen die Eltern die Kosten tragen.» Wer sich diese privaten Auslagen nicht leisten könne, der habe nach der obligatorischen Schulzeit keine logopädische Unterstützung mehr. «Die Gefahr, dass sich die Schülerinnen und Schüler durch ihre Zurückhaltung isolieren, kann sich unter Umständen auch auf ihre Leistungen auswirken.»

Doch wie viele Jugendliche sind denn von der «Lücke», wie es Hofer nennt, im Kanton Zug betroffen? Und wie viel wird das Schliessen der Lücke kosten? Es gehe um «sehr wenige», Hofer schätzt die gesamte Schülerzahl auf drei bis vier pro Jahr. «Aber für die Betroffenen ist diese Unterstützungsmassnahme von grosser Bedeutung und eine Notwendigkeit, um zu gewährleisten, dass der Einstieg in die Berufswelt gelingen kann», sagt Hofer.

Kosten würde die logopädische Behandlung der betroffenen Jugendlichen gemäss der Kantonsrätin pro Person rund 5000 Franken pro Jahr, das hiesse insgesamt ungefähr 15000 bis 20000 Franken pro Jahr.

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