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Peter Tresch: «Die Partei ist für mich zweitrangig»

Seit Mittwoch ist Peter Tresch der «höchste Urner». Im Gespräch verrät der neugewählte Landratspräsident, wieso ihm das Amt so wichtig ist – und wie es danach mit ihm weitergeht.
Seit seinem 57. Geburtstag sitzt Peter Tresch als Landratspräsident auf dem höchsten Platz im Urner Landratssaal. (Bild: Urs Hanhart (Altdorf, 20. Juni 2018))

Carmen Epp

Vor zehn Jahren nahm er zum ersten Mal im Landratssaal Platz. Am Mittwoch nun wurde Peter Tresch zum Landratspräsidenten gewählt. Im Gespräch mit unserer Zeitung blickt der Göschener zurück auf den Weg, der ihn hierher brachte – und vorwärts auf die Ziele, die er sich für das Jahr als «höchster Urner» und darüber hinaus gesetzt hat.

Peter Tresch, Sie politisierten bis 2012 in der SVP, seither in der FDP. Wann wechseln Sie zur CVP? Sollte die CVP dereinst niemanden finden, der für Isidor Baumann nach Bern in den Ständerat gehen will, springe ich gerne ein (lacht). Nein, im Ernst: Ich war noch nie ein Parteisoldat. Im Gegenteil: Die Partei ist für mich zweitrangig. Stattdessen höre ich bei politischen Entscheiden auf meinen Bauch und mein Herz. Und in gewissen Themen hege ich auch Sympathien für andere Parteien, etwa in Sachen Umwelt, und war stets ein grosser Bewunderer von Annalise Russi und Pia Tresch von den Grünen. Insofern könnte ich mir einen weiteren Parteiwechsel durchaus vorstellen. Wobei ich aber bezweifle, dass etwa die CVP noch jemanden gebrauchen könnte, der gerne Alphatier spielt wie ich (lacht). Kein Parteisoldat, aber Alphatier. Haben Sie deswegen 2012 mit der SVP gebrochen? Das war sicher einer der Gründe. Die SVP-Fraktion war seit ihrer Hochphase 2008 geteilt in zwei Lager: die Parteisoldaten auf der einen, die Gemässigten, zu denen ich mich zählte, auf der andern Seite. Das war für mich okay, bis an den Wahlen 2012 einige meiner gemässigten Kollegen nicht wieder zur Wahl antraten oder nicht wiedergewählt wurden. So kam es dann zum eigentlichen Bruch an der Fraktionssitzung im Mai 2012, an der die Fraktion den Nachfolger für Josef Schuler in die Ratsleitung bestimmte. Ich war überzeugt, dass ich nominiert werden würde. Stattdessen wurde einer gewählt, der bis kurz zuvor kein Interesse am Sitz in der Ratsleitung bekundete. Da fühlte ich mich übergangen, was sehr an mir nagte. Als sich dann einige Monate nach der Wahl der mir Vorgezogene aus dem Landrat verabschiedete, wurden alte Wunden aufgerissen. Ausserdem sah ich gleich zwei Ziele verloren, die ich bis dahin im Auge hatte. Welche Ziele? Als ich 2008 zum ersten Mal im Landratssaal sass, war mir schnell klar: Irgendwann will ich da vorne sitzen, in die andere Richtung blicken. Am liebsten natürlich in der vordersten Reihe, am allerliebsten neben Heidi Z’graggen. Jetzt sitze ich halt hinter ihr (lacht). Sie wollten Regierungsrat werden? Ich habe mit dem Gedanken geliebäugelt, ja, dazu stehe ich auch. Und es ist auch kein Geheimnis, dass ich bei der SVP als möglicher Regierungsratskandidat gehandelt wurde. So hatte ich an jener Fraktionssitzung, bei der es zum Bruch kam, das Gefühl: Jetzt ist meine politische Karriere vorbei. Im Nachhinein war das aber eine gute Erfahrung. Inwiefern? In der SVP-Fraktion konnte ich mir gewissermassen die Hörner abstossen. Ich kam mir vor wie ein Posaunenspieler in einer Guggenmusik: etwas Mühe mit dem Notenlesen, aber Hauptsache Stimmung machen. Und ich denke, dafür wurde ich anfänglich auch bekannt – als Provokateur und einer, der immer einen Spruch auf Lager hat. Mit der Zeit habe ich dazu gelernt und weiss inzwischen, dass man zwar schon Mauern einreissen kann, man dabei aber auch eine Lösung parat haben muss, die man anstelle der Mauer hinstellen kann. Insofern habe ich in der SVP meine Flegeljahre der Politik hinter mich gebracht. Ihr Weg ging danach weiter – einfach bei der FDP statt bei der SVP ... Genau. Und obwohl die Auswahl innerhalb der Fraktion grösser ist, als ich das in der SVP empfunden habe, hat mir die FDP nach drei Jahren die Chance gegeben, für sie in die Ratsleitung einzusteigen. Das ist keineswegs selbstverständlich und erfüllt mich noch heute mit Stolz und Dankbarkeit. Mit der Wahl zum Landratspräsidenten haben sie eines der verloren geglaubten Ziele dann doch noch erreicht. Wieso war Ihnen dieser Schritt so wichtig? Es liegt in meiner Natur. Sei es bei Vereinen, im Militär oder auch im Geschäft: Ich will auf der Leiter immer höher steigen. Und nachdem die Leiter zur vordersten Reihe abgebrochen wurde, habe ich mich auf die andere konzentriert, die Ratsleitung. An ihrer Wahlfeier verglichen Sie Ihren Werdegang vom Landrat in die Ratsleitung mit jenem vom Guggen-Posaunisten zum Orchesterspieler. Ist es deshalb ruhiger geworden um Sie die letzten Jahre? Den Vorwurf höre ich immer mal wieder. Aber als Mitglied der Ratsleitung nimmt man sich automatisch ein wenig zurück. Als Landratspräsident werden Sie sich noch weniger in Debatten einmischen können. Werden Sie das nicht vermissen? Doch! Natürlich muss der eine oder andere Spruch jetzt ein Jahr warten, aber ich lege sie in die Schublade und begrabe sie nicht. Peter Tresch auf Stand-by quasi. Weniger aktiv in den Debatten, dafür umso aktiver an Anlässen, an denen Sie den Kanton vertreten werden ... Das ist eine grosse Ehre für mich. Gerade als Vertreter einer kleinen Gemeinde bin ich sehr stolz, den Kanton nun ein Jahr lang repräsentieren zu dürfen und so einer noch breiteren Masse zeigen zu dürfen, was ich mir während der letzten zehn Jahre im Urner Landrat auf die Kappe geschrieben habe: Wir ländlichen Regionen sind auch Uri. Als Landratspräsident werden Sie nun überhäuft mit Einladungen. Wie werden Sie Prioritäten setzen? Natürlich hat da jeder Landratspräsident unterschiedliche Vorlieben. Sodass ich wahrscheinlich eine Einladung zu einem Ambri-Match nicht ganz so euphorisch annehmen werde wie mein Vorgänger (lacht). Ich werde die Einladungen jeweils mit meiner Kollegin und den Kollegen in der Ratsleitung besprechen und schauen, dass wenn immer möglich jemand von uns den Rat vertreten kann. Wichtig ist mir dabei vor allem, dass man weiss, wieso man einen Anlass besucht. Wenn man dann als Landratspräsident einfach nur da sitzt und präsent sein muss, macht das sicher weniger Sinn, als wenn man irgendwie eingebunden wird oder wertvolle Kontakte knüpfen kann. Und im Landratssaal, worauf legen Sie dort wert? Der Urner Landrat ist als sehr diszipliniertes Parlament und für seinen respektvollen Umgangston untereinander bekannt. Das möchte ich so beibehalten. Denn auch wenn es in der Zeit in der Ratsleitung ruhiger geworden ist um mich, so hatte das doch auch Vorteile. Inwiefern? Ich konnte lernen, wie es ist, da vorne zu sitzen, und werde das Eine oder Andere in Zukunft wahrscheinlich anders inszenieren, wenn ich dann wieder auf der anderen Seite des Landratssaals sitze. Sie möchten also noch mal «nach hinten» sitzen – und der Traum vom Regierungsrat? Der ist wahrscheinlich definitiv ausgeträumt. Was aber nicht schlimm ist. Ich habe einige Themen im Köcher, die ich noch aufs politische Parkett bringen möchte. Eins davon ist pendent seit meinem ersten Jahr im Landrat 2008: die Verkehrssituation am Kreisel in Göschenen. Sollte sich das Bundesamt für Strassen nicht an seine Versprechen halten, werde ich mich in dieser Sache zurückmelden, sobald das Jahr als Landratspräsident vorbei ist und Peter Tresch aus dem Stand-by erwacht.
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