Kari Kälin
Landesvater, Heiliger, zehnfacher Familienvater, Obwaldner Bauer mit politischen und militärischen Ämtern, Vermittler aber auch Einsiedler, Asket, weltabgewandter Aussteiger und Mystiker: Niklaus von Flüe (1417 bis 1487), im Jahr 1947 von Papst Pius XII. heilig gesprochen, ist eine vielseitige und herausragende Figur der Schweizer Geschichte. In diesem Jahr jährt sich der Geburtstag von Bruder Klaus, der seine Familie mit 50 Jahren verliess, zum 600. Mal.
Ein Verein springt ein
Der neu gegründete Verein «Die Schweiz mit Bruder Klaus» organisiert am Samstag, 19. August, einen Gedenkanlass. Als Redner konnte er zwei Persönlichkeiten gewinnen, die im Gegensatz für Bruder Klaus nicht für Versöhnung stehen, sondern polarisieren: Christoph Blocher (76), abgewählter SVP-Bundesrat und wohl bestgehasster Politiker der Schweiz sowie Vitus Huonder (74), Churer Bischof und wohl umstrittenster Kirchenmann der Schweiz. Huonder werde Bruder Klaus als Heiligen würdigen, teilt das Bistum Chur in einem Communiqué mit. Christoph Blocher dürfte den Eremiten als Kronzeugen für eine zurückhaltende und EU-skeptische Aussenpolitik ins Feld führen.
An der Spitze des Vereins «Die Schweiz mit Bruder Klaus» steht die Obwaldner Kantonsrätin und SVP-Kantonalpräsidentin Monika Rüegger. Laut dem Willen der Organisatoren soll Bruder Klaus als Heiliger und als wegweisender Ratgeber für die Eidgenossenschaft und die Schweiz gewürdigt werden, wie es im Communiqué weiter heisst.
Bundesrat verzichtet auf Feier
Der Bundesrat wollte keine Gedenkfeier zu Bruder Klaus organisieren. In einer Antwort auf einen Vorstoss des Freiburger CVP-Nationalrates Dominique De Buman schrieb er im letzten Mai, der Bunde sei bezüglich Erinnerungsfeiern zurückhaltend. Dafür veranstaltet der Trägerverein «600 Jahre Niklaus von Flüe» zahlreiche Veranstaltungen zum Gedenkjahr. Im Sommer wird in Obwalden etwa ein Theater aufgeführt; das «Visionsgedenkspiel» wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Beitrag von 100'000 Franken unterstützt. Zur Trägerschaft der diversen Anlässe gehört auch der Kanton Obwalden. Er stellt mit Regierungsrat Franz Enderli (CSP) den Präsidenten des Vereins. Mit von der Partie sind weiter die Einwohner- und Kirchgemeinde Sachseln sowie die Bruder-Klausen-Stiftung. Am offiziellen Staatsakt vom 30. April wird auch der Bundesrat vertreten sein.
Kommentare
Walter Nigg (1903-1988, reformierter Theologe und Schriftsteller)
"Der Gottesfreund darf nicht zum Sonderbesitz einer Partei werden. Alle Konfessionen werden von diesem Mann sagen müssen: Da wäre noch ein reiches Erbe anzutreten."
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als ein Reicher in den Himmel!
Bruder Klaus würde sich im Grab umdrehen...
Schliesse mich meinem Vorredner an: Wenn aktive Politiker sich an einer solchen Feier beteiligen, dann nur, um sich im Geiste des Gefeierten zu sonnen und dessen Gedanken für sich zu instrumentalisieren. Schade.
Grenzt an Blasphemie!
Jetzt wird er also doch noch missbraucht, unser Schibloch Glais. Missbraucht und zurechtgebogen als Argument von der rechts-konservativen Politikszene und von der ultra-konservativen Kirchenfront.
Dabei war das Jahr bisher dank dem Trägerverein möglichst polit- und konfessions-neutral geplant worden.