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Personal ist uneins: Luzerner Psychiatrie lehnt geplante Spital-AG ab

Die Regierung will das Luzerner Kantonsspital, eine öffentlich-rechtliche Anstalt, in eine Aktiengesellschaft umwandeln. Während das Spitalpersonal diesen Plan unterstützt, befürchtet die Psychiatrie schlechtere Anstellungsbedingungen
Psychiatrische Klinik St.Urban ist überfüllt, Leute müssen möglichst schnell nach Hause und werden von mobilen Fachleuten betreut.
Ffotografiert am 03. März 2012.

Evelyne Fischer

Zehn Jahre lang waren sie öffentlich-rechtliche Anstalten, nun sollen das Luzerner Kantonsspital (Luks) und die Luzerner Psychiatrie (Lups) zu Aktiengesellschaften werden (siehe Kasten). Während die bürgerlichen Parteien die Umwandlung in der Vernehmlassung – teils mit Vorbehalten – unterstützen, wollen Grüne und SP von einer Spital-AG nichts wissen.

Wie Recherchen zeigen, beurteilt das Personal der beiden Unternehmen die Überführung in eine Holding komplett unterschiedlich: Die Personalkommission (Peko) des 7000 Mitarbeiter zählenden Kantonsspitals erachtet die Umwandlung der Rechtsform als richtig. «Diese ermöglicht dem Luks, sich besser zu organisieren und enger mit anderen Spitälern zusammenzuarbeiten. Das sichert Arbeitsplätze», sagt Nana Amstad-Paul, Präsidentin der Personalkommission.

«Unserer Ansicht nach bietet eine privatrechtliche Anstellung keine Vorteile für die Arbeitnehmenden.»

Matthias Kohler, Personalkommission Luzerner Psychiatrie

Im Gegensatz dazu spricht sich die Peko der Luzerner Psychi­atrie «für die Beibehaltung der aktuellen Rechtsform aus», wie Matthias Kohler, Präsident der Personalkommission, auf Anfrage sagt. «Unserer Ansicht nach bietet eine privatrechtliche Anstellung keine Vorteile für die Arbeitnehmenden. So ist etwa der Kündigungsschutz nach aktuellem Personalrecht weitreichender als nach Obligationenrecht.» Die Angestellten seien mit den geltenden Paragrafen «grossmehrheitlich zufrieden».

Auch der Peko der Luks ist es wichtig, dass die Angestellten «künftig nicht schlechter gestellt sind», so Amstad. «Die bisher gültigen Regelungen des Personalrechts, insbesondere betreffend Lohn oder Kündigung, sollen nicht zu Ungunsten der Mitarbeitenden verändert werden.»

Gesamtarbeitsvertrag ist noch nicht fix gesetzt

Gemäss dem Entwurf des revidierten Spitalgesetzes können die Angestellten verlangen, dass die Spitalaktiengesellschaften mit den Personalverbänden einen Gesamtarbeitsvertrag abschliessen. Diesbezüglich will die Peko der Lups noch keine Position beziehen. «Wir werden uns im Zuge des politischen Prozesses mit den Vor- und Nachteilen eines GAV auseinandersetzen», sagt Kohler.

Deutlicher tönt es beim Luks: «Die Personalkommission hat in der Vernehmlassung die Möglichkeit eines Gesamtarbeitsvertrags ausdrücklich als richtig erachtet, sofern sich eine Mehrheit der Mitarbeitenden in der Urabstimmung dafür entscheidet», sagt Nana Amstad. Damit wird eine Aussage von Claudia Husmann, Geschäftsstellenleiterin des Zentralschweizer Berufsverbands der Pflegefachleute (SBK), korrigiert, wonach das Kantonsspital einen GAV ablehne. Beide Pekos wollten unserer Zeitung keine Einsicht in ihre Stellungnahme zur Vernehmlassung gewähren.

Psychiatrie: «Unsichere Variablen überwiegen»

Die Luzerner Psychiatrie mit Sitz in St. Urban beschäftigt rund 1150 Mitarbeiter. Für sie befürchtet die Peko nachteilige Konsequenzen aufgrund des wirtschaftlichen Drucks: Es sei unklar, wie sich die Besteuerung der AG auf den Betrieb auswirke, sagt Kohler. «Die unsicheren Variablen überwiegen im Moment.» Sei die Änderung der Rechtsform unumgänglich, stünde für die Peko «eine gemeinnützige Aktiengesellschaft im Vordergrund». Anderer Meinung ist die Regierung: Wie sie in der Vernehmlassung schreibt, sei von einer Zweckbestimmung «abzusehen».

Bereits Erfahrungen mit einer Spital-AG hat man im Nachbarkanton Aargau: Hier wurden die Kantonsspitäler Aarau und Baden sowie die Psychiatrischen Dienste 2004 in Aktiengesellschaften umgewandelt. Die gemeinnützigen AG sind im vollständigen Besitz des Kantons.

Kritik der Sozialpartner im Aargau

Stefan Giger vom Schweizerischen Verband des Personals öffentlicher Dienste, der das Aarauer Sekretariat des VPOD ferienhalber vertritt, zeichnet als Sozialpartner ein düsteres Bild der Umwandlung: «Diese hat in Kombination mit der Finanzierung über Fallpauschalen für prekäre Rahmenbedingungen gesorgt.» Bei den Spitälern steige der Abbaudruck, während der Kanton Abgeltungen zusammenstreiche und der Ruf nach mehr Dividenden lauter werde: So hat die Finanzkommission im Grossen Rat Ende 2017 höhere Ausschüttungen verlangt – der Antrag wurde dann aber abgelehnt.

«Der Gesamtarbeitsvertrag hat sich bei den Aargauer Spitälern als stabilisierender Faktor bewährt.»

Stefan Giger, Verband des Personals öffentlicher Dienste

Ferner kritisiert Giger das vergleichsweise tiefe Lohnniveau und streicht daher die Bedeutung des GAV hervor, der 2006 in Kraft trat. «Dieser hat sich als stabilisierender Faktor bewährt.»

Auch die Luzerner Sektion des VPOD, der die Spital-AG ablehnt, weist in einer Mitteilung auf die Wichtigkeit eines Gesamtarbeitsvertrags hin: «Ohne GAV stünde es den Spitalbetrieben frei, die Bedingungen etwa bei der Abgeltung von Pikett- und Wochenenddiensten, den Pausenregelungen und nicht zuletzt dem Kündigungsschutz auf das gesetzliche Minimum zu senken.»

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